Leitsatz
In dem Verfahren ging es um die Rückzahlungsverpflichtung von Ehefrau und Sohn betr. gegen den Willen des Ehemannes/Vaters abgehobener Guthaben auf dessen Wertpapierdepot.
Sachverhalt
Der Kläger war mit der Beklagten zu 1. seit dem Jahre 1963 verheiratet. Aus der Ehe war ein 42 Jahre alter gemeinsamer Sohn, der Beklagte zu 2., hervorgegangen. Kläger und die Beklagte zu 1. lebten jedenfalls seit Oktober 2004 innerhalb desselben Hauses getrennt. Seit Oktober 2005 war das Scheidungsverfahren anhängig.
Der Kläger war seit dem Frühjahr 2000 Inhaber eines Wertpapierdepots bei der C.-Bank. Zuvor war das ebenfalls auf seinen Namen laufende Wertpapierkonto bei der A.-Bank geführt worden.
Der Beklagte zu 2. nahm in der Vergangenheit in Einzelfällen in Absprache mit dem Kläger Wertpapiertransaktionen vor, wobei er sich der dem Kläger erteilten sechsstelligen Geheimnummer (Pin) und der Transaktionsnummer (Tan) bediente. Der Umfang der vereinbarten Verwaltungstätigkeiten in Bezug auf das Wertpapierdepot war zwischen den Parteien streitig.
Im Zuge der seit Anfang 2005 eskalierenden ehelichen Auseinandersetzungen nahm der Beklagte zu 2. in Absprache mit der Beklagten zu 1. im Wege des Telefonbankings unter Verwendung der Pin von dem Wertpapierdepot des Klägers am 14. und 15.2.2005 Abhebungen über insgesamt 59.811,26 EUR vor, die er zunächst auf dem Referenzkonto des Klägers gutschreiben ließ. In den darauf folgenden Tagen transferierte der Beklagte zu 2. nach Absprache mit seiner Mutter von dem Referenzkonto des Klägers per online-banking 60.003,00 EUR auf ihr Konto.
Der Kläger nahm die Beklagten als Gesamtschuldner auf Rückzahlung des gegen seinen Willen abgehobenen Gesamtbetrages in Anspruch.
Das LG hat die Beklagten als Gesamtschuldner antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Die Beklagten legten gegen dieses Urteil Berufung ein, die keinen Erfolg hatte.
Entscheidung
Das OLG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Das OLG bestätigte eine Haftung der Beklagten zu 1. aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Altern. 2 BGB (Eingriffskondiktion). Dadurch, dass sie über das auf den Namen des Klägers lautende Wertpapierdepot und das darauf bezogene Referenz-Girokonto des Klägers verfügt habe, habe sie den Betrag von 60.003,00 EUR ohne rechtlichen Grund erlangt und sei deshalb zur Herausgabe verpflichtet. Die Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruchs durch den Kläger stelle gegenüber der Beklagten auch keine nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung dar. Dies käme nur dann in Betracht, wenn die Beklagte zu 1. einen Anspruch auf Teilhabe an dem Wertpapierdepot oder an dem Guthaben des zu dessen Abwicklung dienenden Girokontos und auf Durchsetzung dieses Anspruchs außerhalb des Zugewinnausgleichsverfahrens gehabt hätte. Bereits hieran fehle es.
Das OLG sah keinen Anhaltspunkt für die Begründung von Miteigentum an den Wertpapieren. Der Eröffnungsantrag für das Wertpapierdepot stamme allein von dem klagenden Ehemann. Gleiches gelte für das Girokonto. Dass die Antragsunterzeichnung sogar in Anwesenheit der Ehefrau stattgefunden habe und ihr auch keine Vollmacht über das Depot bzw. Girokonto erteilt worden sei, wertete das OLG als zusätzliches Indiz dafür, dass kein Miteigentum an dem Wertpapier bzw. Mitinhaberschaft an Depot und Girokonto begründet werden sollte.
Eine Haftung des Beklagten zu 2. bejahte das OLG unter dem Gesichtspunkt unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag gem. § 678 BGB. Er habe gewusst oder zumindest wissen können, dass die von ihm vorgenommenen Transaktionen dem Willen des Klägers widersprachen. Deshalb sei er nach Maßgabe von § 249 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.
Hinweis
Eine stillschweigend vereinbarte Bruchteilsberechtigung und ein hieraus folgender schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch gem. §§ 749 Abs. 1, 742 BGB kann sich eventuell aus Gesamtumständen ergeben. Nach der gesetzlichen Vermutung ist ein derartiger Anspruch dann auf hälftige Teilhabe zu richten.
Bei einem Einzeldepot ist regelmäßig der Depotinhaber auch Eigentümer des verwahrten Papiers und damit daran Berechtigter. Bei einem Gemeinschaftsdepot ist die Bestimmung des Eigentümers oft schwierig. Allein aus der Anlage eines Gemeinschaftsdepots ergibt sich noch nicht zwingend, dass Miteigentum vorliegen muss.
Zu unterscheiden ist zwischen der Eigentumslage an den verwahrten Wertpapieren und den Rechten aus dem Depotverwahrungsvertrag. Keine Gesamtgläubigerschaft besteht in Bezug auf die verwahrten Wertpapiere. Soweit es um die Eigentumslage an den depotverwahrten Wertpapieren geht, stellt § 1006 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 BGB eine Vermutung auf. Diese Vermutung spricht bei einem Gemeinschaftsdepot für Miteigentum, da dessen Inhaber mittelbar Mitbesitzer sind. In einem solchen Fall stehen den Eheleuten nach der Auslegungsregel des § 742 BGB im Zweifel gleiche Anteile zu (vgl. insoweit Wever, Vermögensauseinandersetzung außerhalb des Güterrechts, 4. Aufl., Rz. 748 ff.).