Das Wichtigste in Kürze:

1. Bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit besteht auch bei einer Verurteilung wegen Vorsatzes Deckungsschutz. Bei Ordnungswidrigkeiten, die nicht aus dem verkehrsrechtlichen Bereich stammen, bestehen nach den ARB 94, bei einer Verurteilung wegen einer Vorsatztat, Regressansprüche der Rechtsschutzversicherung. Bei den ARB 75, 2000, 2008 und 2012 bleibt die Deckung auch bei Vorsatz bestehen.
2. Alle ARB beinhalten bei einer Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat einen Regressanspruch des Rechtsschutzversicherers. Die Verhängung einer Strafe ist nicht erforderlich. Auch bei einem Absehen von Strafe nach § 60 StGB oder einer Verwarnung mit Strafvorbehalt nach § 59 StGB besteht ein Regressanspruch.
3. Wird ein Strafverfahren wegen des Vorwurfes einer vorsätzlich begangenen Straftat eingestellt, ist dennoch ein Regress der Rechtsschutzversicherung möglich.
4. Bei einem Wechsel des Verschuldensvorwurfes im Strafverfahren von einer fahrlässigen hin zu einer vorsätzlichen Begehungsweise, entfällt der Versicherungsschutz erst ab dem Zeitpunkt der Erteilung des Hinweises, nicht rückwirkend.
5. Es besteht auf Seiten des Rechtsschutzversicherers ein Leistungsausschluss, wenn der Rechtsschutzfall in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Straftat steht, ARB 94, 2000 und 2008, bzw. wenn der Versicherungsfall vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt wurde (ARB 75 und 2012).
6. Die Beweislast für einen solchen Deckungsausschluss trägt der Rechtsschutzversicherer. Es besteht keine Bindungswirkung von Feststellungen eines zivilrechtlichen Vorprozesses oder des Strafurteiles.
7. Der Rechtsschutzversicherer ist mit Einwendungen zur Versagung der Deckung ausgeschlossen, wenn er die Deckung unbedingt erteilt hat, obwohl ihm Tatsachen bekannt waren, nach denen sich eine nur unter Vorbehalt erteilte Deckungszusage aufgedrängt hätte.
8. Dem Rechtsschutzversicherer ist keine Auskunft hinsichtlich einer Verurteilung wegen eines Vorsatzdeliktes durch den Verteidiger des Beschuldigten zu erteilen.
9. Die Regressansprüche verjähren in drei Jahren.
 

Rdn 212

 

Literaturhinweise:

Freyschmidt/Nadeborn, Was darf der (Strafrechtsschutz-)Versicherer wissen? Grundlagen und Grenzen des Auskunftsbegehrens gegenüber Strafverteidigern, StRR 2012, 364

Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl. 2010

Schirmer, Die Obliegenheiten in der Rechtsschutzversicherung – Teil 1 und 2, r+s 1999, 1 und 45

Tietgens, Anwaltliche Beratungs-, Aufklärungs- und Auskunftspflichten in der Rechtsschutzversicherung, r+s 2005, 489

Wendt, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Rechtsschutzversicherung – Der Rechtsschutzversicherer und sein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, r+s 2012, 209

s.a. die Hinw. bei → Ansprüche, Zivilrecht, Allgemeines, Teil I Rdn 79.

 

Rdn 213

1.a) Bei der Frage, ob ein Rechtsschutzversicherer, nach dem Abschluss des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegenüber dem Mandanten Regress nehmen kann, ist es unabdingbar, sich von dem Mandanten den Versicherungsschein und die dem Rechtsschutzversicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen (ARB) vorlegen zu lassen oder diese bei dem Rechtsschutzversicherer anzufordern. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. gibt Musterbedingungen heraus, welche von den Versicherern in der Regel übernommen werden. Gleichwohl sind natürlich Abweichungen möglich und zulässig, so dass immer der konkrete Versicherungsschein nebst den darin vereinbarten Bedingungen des Versicherers eingesehen werden muss. Gerade für die Frage der Leistungsausschlüsse und Regressforderungen des Versicherers sind die dem Rechtsschutzvertrag zugrunde liegenden ARB entscheidend. Versicherungsrecht ist zu aller erst Bedingungsrecht.

 

Rdn 214

Je nachdem wann der Mandant den Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, können dem Vertrag alte ARB zugrunde liegen. Die bei Abschluss des Versicherungsvertrages vereinbarten ARB gelten für die gesamte Vertragslaufzeit und werden nicht durch neue Bedingungen des Versicherers ersetzt. Eine Ersetzung erfolgt auch dann nicht, wenn der Versicherer dem Mandanten seine neuen ARB zusendet. Die einseitige Abänderung des Versicherungsvertrages durch den Versicherer, in Form der Übersendung geänderter ARB, ist nicht möglich.

 

Rdn 215

b)aa) Im Rahmen der Verteidigung einer straßenverkehrsrechtlichen Ordnungswidrigkeit ist die Schuldform in einem Urteil nach allen ARB unbeachtlich. Es besteht nach allen ARB auch im Falle der Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeit Deckungsschutz. Das ist insbesondere bei dem Vorwurf des Benutzens eines Mobiltelefons von Bedeutung, da dieser Vorwurf in aller Regel nur vorsätzlich begangen werden kann. Bei allen übrigen Ordnungswidrigkeiten, die nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, kommt es darauf an, welche ARB dem Rechtsschutzvertrag zugrunde liegen. Die ARB 75, 2000, 2008 und 2012 gewähren auch hier einen vollständigen Deckungsschutz.

 

Rdn 216

bb) Eine and...

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