Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Ausgeschlossen von der Entschädigung sind Verfolgungsmaßnahmen, die ergriffen wurden, weil der Verfahrensbetroffene einer ihm allgemein oder speziell auferlegten Pflicht nicht nachgekommen war (Obliegenheitsverletzungen gem. § 5 Abs. 3 StrEG). |
2. |
Zu den Obliegenheitsverletzungen gehört nach § 5 Abs. 3 Alt. 1 StrEG ist der sog. Ladungsungehorsam. |
3. |
Obliegenheitsverletzungen bei Haftverschonung regelt § 5 Abs. 3 Alt. 2. |
Rdn 315
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → StrEG-Entschädigung, Allgemeines, Teil I Rdn 281.
Rdn 316
1.). Ausgeschlossen von der Entschädigung sind Verfolgungsmaßnahmen, die ergriffen wurden, weil der Verfahrensbetroffene einer ihm allgemein oder speziell auferlegten Pflicht nicht nachgekommen war (Obliegenheitsverletzungen gem. § 5 Abs. 3 StrEG).
☆ Anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 (→ StrEG-Entschädigung, Ausschluss, Verhalten , Teil I Rdn 335 ) führt bereits leichte Fahrlässigkeit zum Entschädigungsausschluss (OLG Saarbrücken NJW 1975, 791; Kunz, StrEG, Rn 112; Meyer , StrEG, Rn 86; Meyer-Goßner/Schmitt , § 5 StrEG Rn 13).StrEG-Entschädigung, Ausschluss, Verhalten, Teil I Rdn 335) führt bereits leichte Fahrlässigkeit zum Entschädigungsausschluss (OLG Saarbrücken NJW 1975, 791; Kunz, StrEG, Rn 112; Meyer, StrEG, Rn 86; Meyer-Goßner/Schmitt, § 5 StrEG Rn 13).
Hinzuweisen ist auf folgende Obliegenheitsverletzungen:
Rdn 317
2.a) In § 5 Abs. 3 Alt. 1 StrEG ist der sog. Ladungsungehorsam geregelt. Einer gerichtlichen Ladung ist nachzukommen. Dabei handelt es sich um die öffentlich-rechtliche Verpflichtung jedes Staatsbürgers (OLG Hamburg StraFo 2012, 60; OLG Hamm VRS 109, 40). Verletzt der Verfahrensbetroffene den Ladungsgehorsam, stehen dem Gericht verschiedene Sanktionen zur Verfügung.
Rdn 318
b) § 5 Abs. 3 Alt. 1 StrEG betrifft nur die Inhaftnahme eines Angeklagten nach §§ 230 Abs. 2, 231 Abs. 1 S. 2, 329 Abs. 4, 412 S. 1 StPO, nicht die Vorführung des Angeklagten vor den Richter nach §§ 134, 320 Abs. 2, 329 Abs. 4 StPO. Sie setzt eine ordnungsgemäße Ladung vor einen Richter durch einen Richter (Meyer, StrEG, § 5 Rn 87) zu einer Hauptverhandlung voraus. Zum sog. Ladungsungehorsam führt das Nichterscheinen nur dann, wenn die Ladung inhaltlich vollständig ist und die gesetzlich vorgeschriebenen Warnungen und Hinweise enthält (Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A, Rn 1868), wirksam zugestellt (Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A, Rn 1869) wurde und die Ladungsfrist eingehalten (Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A, Rn 1893 ff.) ist. Ein infolge Ausbleibens erlassener Haftbefehl wirkt nicht über die Hauptverhandlung, deren Durchführung in Anwesenheit des Angeklagten er sichern soll, hinaus (OLG Saarbrücken NJW 1975, 791; Kunz, StrEG, § 5 Rn 114; Meyer-Goßner/Schmitt, § 230 Rn 23).
☆ In den Fällen der §§ 329 Abs. 3, 412 S. 1 StPO ist die Verhaftung i.d.R. unzulässig , wenn nur der Angeklagte gegen ein Urteil Berufung bzw. gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hat, weil das Gericht von der jeweiligen Verwerfungsmöglichkeit vorrangig Gebrauch machen muss (OLG Brandenburg wistra 2012, 43 für § 329 Abs. 4 StPO a.F.).§§ 329 Abs. 3, 412 S. 1 StPO ist die Verhaftung i.d.R. unzulässig, wenn nur der Angeklagte gegen ein Urteil Berufung bzw. gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hat, weil das Gericht von der jeweiligen Verwerfungsmöglichkeit vorrangig Gebrauch machen muss (OLG Brandenburg wistra 2012, 43 für § 329 Abs. 4 StPO a.F.).
Rdn 319
c) Ladungsungehorsam liegt auch vor, wenn der Beschuldigte der Terminsladung im Sicherungsverfahren nicht Folge leistet (LG Arnsberg, Beschl. v. 24.7.2009 – II-2 KLs 5/09). Darauf, dass er zur Tatzeit schuldunfähig war, kommt es bei der Frage nach der Entschädigung nicht an (KG, Beschl. v. 2.6.2000 – 3 Ws 192/00). Gibt der zur Hauptverhandlung ordnungsgemäß geladene Angeklagte vor, er sei erkrankt, legt hierzu aber kein ärztliches Attest vor, kann dies den Erlass eines Haftbefehls (§ 230 Abs. 2 StPO) rechtfertigen und im Ergebnis die Entschädigung ausschließen (LG Flensburg, Beschl. v. 13.6.1978 –I KLs 8/75 – I 2/76). Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der Angeklagte zusagt, der gerichtlichen Ladung Folge zu leisten, die Zusage dann aber nicht einhält (OLG München, Beschl. v. 6.2.1974 – 1 Ws 906/73) oder einen sonstigen Hinweis nach § 216 StPO unbeachtet lässt (OLG Saarbrücken NJW 1975, 792). Hatte dagegen ein nach § 230 Abs. 2 StPO erlassener Haftbefehl, aufgrund dessen U-Haft vollzogen wurde, keine Rechtsgrundlage, weil am selben Tag bereits die Vorführung angeordnet worden war, so steht dem Angeklagten wegen der Rechtswidrigkeit des Haftbefehls eine Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft zu (KG, Beschl. v. 3.7.2000 – 4 Ws 123/00).
Rdn 320
3.a) Obliegenheitsverletzungen bei Haftverschonung regelt § 5 Abs. 3 Alt. 2. § 116 Abs. 1 S. 2 StPO enthält im Zusammenhang mit der Außervollzugsetzung des Haftbefehls die Möglichkeit, dem Verfahrensbetroffenen
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die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehö... |