Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Gebühren richten sich bei einem Teilfreispruch nach der rechtskräftig erkannten Strafe.
2. Bei Auslagen kann die Verteilung auf die verurteilten und freigesprochenen Taten entweder nach der Differenztheorie oder nach Bruchteilen gem. § 464d StPO erfolgen.
3. Bei der Auslagenverteilung nach Bruchteilen ist keine rein rechnerische Quotelung vorzunehmen.
4. Pflichtverteidigerkosten sind von dem bereits durch einen Wahlverteidiger vertretenen Verurteilten dann nicht zu tragen, wenn die verurteilten Taten die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht gerechtfertigt hätten.
 

Rdn 151

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Gerichts- und Verfahrenskosten, Allgemeines, Teil J Rdn 87.

 

Rdn 152

1. Ist der Angeklagte teilweise freigesprochen worden, richten sich die Gebühren nach Vorbem. 3.1 KV GKG für alle Rechtszüge nach der rechtskräftig erkannten Strafe. Die Berechnung der vom Verurteilten zu zahlenden Gerichtsgebühr bereitet bei einem Teilfreispruch damit keine Probleme.

 

Rdn 153

2.a) Dagegen bereitet die Ermittlung der vom Verurteilten zu tragenden Auslagen des Ermittlungs- und des Hauptverfahrens insbesondere in umfangreichen Strafverfahren mit vielen Auslagenpositionen häufig größere Probleme:

 

Rdn 154

b) Hat das Gericht die Verfahrenskosten nicht gem. § 464d StPO nach Bruchteilen verteilt, muss der Angeklagte nämlich kostenmäßig so gestellt werden, wie er gestanden hätte, wenn allein die zur Verurteilung führende(n) Tat(en) Gegenstand des Verfahrens gewesen wäre(n). Der Verurteilte ist deshalb von allen Mehrkosten freizustellen, die durch Taten veranlasst worden sind, die zum Freispruch geführt haben.

 

Rdn 155

Im Rahmen der Differenztheorie (vgl. hierzu z.B. BGHSt 25, 109; KG StraFo 2009, 260; OLG Dresden NStZ-RR 2003, 224; OLG Düsseldorf MDR 1991, 370; Meyer-Goßner/Schmitt, § 465 Rn 8 f.) muss somit auf ein fiktives Verfahren nur wegen der rechtskräftig verurteilten Taten abgestellt werden und bei jeder Auslagenposition geprüft werden, ob diese auch in diesem fiktiven Verfahren angefallen wäre (OLG Köln StRR 2010, 437; OLG Rostock StRR 2011, 120). Es bedarf insoweit einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung insbesondere der Art und Schwere der einzelnen Schuldvorwürfe, der Bedeutung der einzelnen Schuldvorwürfe für den Angeklagten sowie des Umfanges und der Schwierigkeit der Beweisaufnahme (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.5.2013 – III-1 Ws 42/13, n.v.).

 

Rdn 156

c) Das Gericht kann die gerichtlichen Auslagen gem. § 464d StPO in der Kostenentscheidung auch nach Bruchteilen verteilen (BGH StraFo 2005, 438). Allerdings kann auch der Kostenbeamte im Kostenansatzverfahren gem. § 19 GKG wie der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren eine Auslagenverteilung nach Bruchteilen gem. § 464d StPO vornehmen (OLG Dresden NStZ-RR 2003, 224; LR-Hilger, a.a.O., § 464d Rn 3, § 465 Rn 31; a.A. OLG Köln StRR 2010, 437 [nur Differenztheorie]; LG Osnabrück Nds.Rpfl. 1999, 296). Hierbei sind allerdings die Grundsätze der Differenztheorie zu beachten.

 

Rdn 157

3. Bei der Verteilung von Auslagen der Staatskasse nach Bruchteilen scheidet eine lediglich auf das reine Zahlenverhältnis von Freispruchs- bzw. Verurteilungsfällen abstellende Betrachtungsweise allerdings aus. Eine unter Berufung auf § 464d StPO vorgenommene rein rechnerische Quotelung, die sich allein an der Anzahl der Fälle der Verurteilung einerseits und des Freispruchs andererseits orientiert, ist nicht sachgerecht (OLG Dresden NStZ-RR 2003, 224; OLG Karlsruhe NStZ 1998, 317).

 

☆ Deshalb kommt die Möglichkeit einer Bruchteilsverteilung gerade nicht in den unübersichtlichen, tatsächlich komplizierten Fällen, sondern in den einfachen , leicht überschaubaren Fällen in Betracht, in denen ohne Nachrechnung der tatsächlich angefallenen Auslagen im Einzelnen eine sachgemäße Schätzung möglich ist (OLG Köln StRR 2010, 437).Bruchteilsverteilung gerade nicht in den unübersichtlichen, tatsächlich komplizierten Fällen, sondern in den einfachen, leicht überschaubaren Fällen in Betracht, in denen ohne Nachrechnung der tatsächlich angefallenen Auslagen im Einzelnen eine sachgemäße Schätzung möglich ist (OLG Köln StRR 2010, 437).

 

Rdn 158

4. Ist dem Angeklagten neben einem bereits vorhandenen Wahlverteidiger ein Pflichtverteidiger nur wegen der Vielzahl der ihm zur Last gelegten Straftaten bestellt worden und hätten die Taten, die nach dem Teilfreispruch noch den Gegenstand der Verurteilung bilden, die zusätzliche Bestellung des Pflichtverteidigers für sich allein nicht gerechtfertigt, so scheidet eine Kostenhaftung des Angeklagten aus. In einem derartigen Fall sind nämlich die gesamten Kosten der Pflichtverteidigung (Nr. 9007 KV GKG) Mehrkosten, die nicht entstanden wären, wenn die Anklage nur auf die Taten beschränkt gewesen wäre, die zur Verurteilung geführt haben. Es wäre dann unbillig, den Angeklagten auch nur mit einem geringen Teil der Pflichtverteidigerkosten zu belasten, der seiner Verurteilung entspricht (OLG Düsseldorf StV 1985, ...

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