Leitsatz
Eine Terminsgebühr bei außergerichtlichen Einigungsbesprechungen kommt auch in Betracht, wenn diese Besprechung der Abwehr eines Anspruchs dient und der Gegner seinem Prozessbevollmächtigten vorher unbedingten Klageauftrag erteilt hatte.
Sachverhalt
Ein Mandant hatte seinen Anwalt zur Durchführung der Ehescheidung beauftragt. Für die Ehefrau des Mandanten bestellten sich Rechtsanwälte und drängten auf Freistellung von Darlehensverpflichtungen (Eigenheim im hälftigen Miteigentum). Sie drohten die Verbindung des Scheidungsverfahrens mit einem Zugewinnausgleichsverfahren an. Es fand dann eine Besprechung der Scheidungsangelegenheit im Büro der Anwälte der Ehefrau statt. Es sollte eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen werden. Der Ehemann verhandelte zunächst selbst mit der Bank, schaltete aber auch seinen Anwalt ein und stellte diesem Finanzierungsunterlagen zur Verfügung. Ein Notarentwurf hinsichtlich der Scheidungsfolgen wurde von den Anwälten des Ehemanns überprüft. Der notarielle Vertrag zwischen den Eheleuten wurde mit einem Gegenstandswert von 250000 EUR beurkundet. Die Anwälte berechneten dem Ehemann für die Scheidungsfolgenvereinbarung nach Nr. 2400 VV RVG und Nr. 3104 VV RVG eine 1,3 Geschäftsgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr aus 250000 EUR, die der Ehemann nicht zahlte. Das LG verurteilte den Mandanten zur Zahlung. Die Berufung vor dem OLG Koblenz war für den beklagten Mandanten erfolglos:
- Durch die Übersendung der Unterlagen sowie die Prüfung des Notarentwurfs ist die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG entstanden.
- Für die Besprechung der Scheidungsangelegenheit im Büro der gegnerischen zur Klage Bevollmächtigten ist eine Terminsgebühr berechtigt.
- Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG entsteht nach der Vorbemerkung Nr. 3 der VV RVG auch für die "… Mitwirkung an auf die Vermeidung oder die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts…"
Nach der Rechtsprechung des BGH soll Voraussetzung der Terminsgebühr ein unbedingter Klageauftrag sein, nicht jedoch die Einreichung der Klage selbst. Bei Würdigung der gesetzlichen Regelung unter Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung muss der Gebührentatbestand der Nr. 3104 VV RVG auch zugunsten der Partei Anwendung finden, wenn auf der Gegenseite ein Klageauftrag erteilt worden ist und die in Anspruch genommene Partei einen Rechtsanwalt zur Abwehr dieser Ansprüche mit der Wahrnehmung eines Besprechungstermins beauftragt hat.
Es wäre sachwidrig, wenn die klagebeauftragten Rechtsanwälte der Ehefrau für die Wahrnehmung des Termins eine Terminsgebühr abrechnen könnten, die Rechtsanwälte des Ehemanns als Gegner aber nicht. Die Anwälte des Ehemanns hatten, hilfsweise, ihren Zahlungsanspruch auf die nach Nr. 1000 VV entstandene Einigungsgebühr gestützt und bei einem Streitwert von 250000 EUR den Faktor 1,5 in Ansatz gebracht. Den Ansatz der Einigungsgebühr fand das OLG, falls die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG nicht zum Zug kommt, berechtigt. Die Einigungsgebühr hätte bei weitem die in Rechnung gestellte Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV überstiegen.
Hinweis
Problematisch ist es, wenn der klagebeauftragte Anwalt seinen Mandanten nicht aufklärt, dass eine – außergerichtliche – Terminsgebühr nicht entstehen kann, wenn er zunächst ohne Klageauftrag Ansprüche gegenüber der anderen Partei geltend macht.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Urteil v. 8.10.2009, 2 U 963/08.