Normenkette

§ 22 Abs. 1 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB

 

Kommentar

1. Eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG liegt nicht vor, wenn ein Wohnungseigentum vom Bauträger - wenn auch auf Verlangen des künftigen Wohnungseigentümers - abweichend von den Plänen erstellt wird, und zwar vor Entstehung der werdenden WE-Gemeinschaft oder rechtlicher Invollzugsetzung der Gemeinschaft; in einem solchen Fall besteht kein Beseitigungsanspruch gegen den (späteren) Wohnungseigentümer, sondern allenfalls ein gegen die Gesamtheit der Wohnungseigentümer gerichteter Anspruch auf Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustandes (ordnungsgemäße Instandsetzung, was einen entsprechenden Eigentümerbeschluss zur Voraussetzung hat und wobei auch die Kosten von Beseitigungsmaßnahmen von allen Eigentümern zu tragen wären).

Wird ein Wohnungseigentum nach Fertigstellung der Wohnanlage vom Bauträger auf Verlangen des Erwerbers/des Wohnungseigentümers in Abweichung von den Plänen baulich verändert, kommt ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB dann nicht in Betracht, wenn die Änderung vorgenommen wurde, bevor eine werdende (faktische) Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden oder die Gemeinschaft rechtlich in Vollzug gesetzt worden ist.

2. Im vorliegenden Fall wurde der Terrassen-Wintergarten nachträglich dem Bauwerk hinzugefügt, und zwar durch den Wohnungserwerber zu einem Zeitpunkt, als die Eigentümergemeinschaft schon rechtlich in Vollzug gesetzt war. Damit ist ein Beseitigungsanspruch hinsichtlich des Wintergartens als nachteilige bauliche Veränderung begründet (nicht nur völlig unbedeutende Beeinträchtigung, insbesondere nachteilige optische Veränderung des Gesamteindrucks der Wohnanlage).

3. Zum Zwecke der Klärung noch umstrittener Zustimmungsfragen wurde der Streit an das Landgericht zurückverwiesen (Amtsermittlungspflicht: Anhörung der Beteiligten, möglicherweise auch förmliche Vernehmung im Rahmen des Strengbeweises).

Geschäftswertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren DM 15.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 05.11.1993, 2Z BR 83/93)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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