Leitsatz
Wird ein bestimmter Gegenstand ausdrücklich von der testamentarischen Erbfolge ausgenommen und den Erben damit endgültig vorenthalten, so gilt der Gegenstand im Zweifel als dem gesetzlichen Erben vermacht, § 2149 BGB. Der testamentarische Erbe muss die Behauptung beweisen, der Erblasser habe das Testament später ergänzen wollen.
Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes erfordert einen Gerichtsstand im Inland für die Gegenforderung. Soweit das Zurückbehaltungsrecht aus einem dinglichen Recht an einem im Ausland belegenen Grundstück abgeleitet wird, ist dies nicht der Fall.
Sachverhalt
Die gesetzlichen Erben machen Ansprüche aus einem Vermächtnis gegen die testamentarischen Erben geltend. In ihrem Testament vermachte die Erblasserin ihre Hinterlassenschaften den beiden Beklagten, "ausgenommen 2 Eigentumswohnungen", des weiteren Schmuck für eine der gesetzlichen Erben.
Eine der Eigentumswohnungen verkauften die testamentarischen Erben für 24.000 EUR, ein Sachverständiger hatte den Wert mit 26.000 EUR ermittelt. Ferner war die Erblasserin als Eigentümerin zweier Grundstücke in Italien eingetragen. Die Beklagten forderten die Kläger zur Herausgabe der Grundstücke und zur Mitwirkung an der Grundbuchsberichtigung auf. Die Beklagten erklärten die Anfechtung wegen Vermächtnis- und Pflichtteilsunwürdigkeit der Beklagten, weil diese sich einer Testamentsunterdrückung in Italien schuldig gemacht hätten, da diese sich als Erben ausgegeben hätten. Schließlich machen die Beklagten Zurückbehaltungsrechte geltend.
Entscheidung
Den gesetzlichen Erben steht ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung einer in Deutschland belegenen Eigentumswohnung zu, § 2174 BGB. Zur Beurteilung der erbrechtlichen Ansprüche ist gem. Art. 25 EGBGB deutsches Recht berufen, da die Erblasserin deutsche Staatsangehörige war.
Die Testamentsauslegung ergibt, dass die Beklagten als testamentarische Erben mit einem Vermächtnis beschwert sind, den gesetzlichen Erben die Eigentumswohnung zu übertragen.
Das Testament enthielt insofern keine eindeutige Regelung, da die Eigentumswohnungen von den "vermachten Hinterlassenschaften" zwar ausgenommen, jedoch keiner bestimmten Person zugeordnet waren. Die Anwendung der gesetzlichen Auslegungsregel des § 2149 BGB ergibt jedoch, dass die Erblasserin die Kläger im Hinblick auf die Eigentumswohnungen als Vermächtnisnehmer eingesetzt hat.
Hinsichtlich des Einwandes der Beklagten, die Erblasserin habe noch keine abschließende Entscheidung über die Eigentumswohnungen treffen wollen, sind die Beklagten als testamentarische Erben beweisfällig geblieben. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Erblasserin die Eigentumswohnungen den Erben endgültig vorenthalten hat.
Die von den Beklagten erklärte Anfechtung wegen Vermächtnisunwürdigkeit der Kläger greift nicht durch. Dass die Kläger das Grundbuchamt in Italien nicht auf das vorhandene Testament hingewiesen haben, ist weder eine Urkundenunterdrückung noch eine mittelbare Falschbeurkundung.
Dingliche Ansprüche können die Beklagten im Hinblick auf die in Italien belegenen Grundstücke im Rahmen eines Zurückbehaltungsrechts nicht einwenden, denn die deutsche Rechtsprechung fordert bei der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes einen Gerichtsstand für die Gegenforderung im Inland.
Ein Anspruch der Beklagten gegen die Kläger aus § 2018 BGB ist jedoch insoweit begründet, als die Kläger verpflichtet sind, ihre Erklärung zur Erbschaftsannahme gegenüber den italienischen Behörden richtig zu stellen. Die Kläger haben sich hinsichtlich der in Italien belegenen Grundstücke ein Erbrecht angemaßt und damit eine Buchposition erlangt.
Die Kläger haben darüber hinaus einen Anspruch auf Zahlung von 26.000 EUR gegenüber den Beklagten, §§ 2174, 280 Abs. 1 BGB. Da die Herausgabe der Eigentumswohnung den Beklagten unmöglich ist, besteht ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Verkehrswertes der Wohnung, §§ 249, 250 BGB.
Da den Klägern ein Vermächtnisanspruch zusteht, schulden die Beklagten schließlich auch die Herausgabe der Früchte, also die nach dem Erbfall gezogenen Mieteinnahmen, § 2184 S. 1 BGB. Der hierfür bestehende Auskunftsanspruch ergibt sich aus § 242 BGB.
Der weitere Antrag auf Feststellung, dass das Eigentum und der Besitz an den Grundstücken in Italien nicht in den Nachlass fällt, ist unzulässig, da hierfür die deutschen Gericht nicht zuständig sind. Diese dingliche Frage nach dem Eigentum fällt nicht unter den Gerichtsstand der Erbschaft nach § 27 ZPO.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Urteil vom 02.06.2008, 5 U 42/07