rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung von Gebühren eines Prozessbevollmächtigten in einem vom Arbeitsgericht an das Finanzgericht verwiesenen Verfahrens zur Erstattung
Leitsatz (redaktionell)
1. Beim Arbeitsgericht entstandene Gebühren eines Prozessbevollmächtigten sind nach einer Verweisung (hier: eines abgetrennten Verfahrens) an das zuständige (Finanz-)Gericht nach § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG von der kostentragungspflichtigen Partei dann nicht zu erstatten, wenn der entsprechende, die Gebühren auslösende Tatbestand vor dem (Finanz-)Gericht durch Handlungen des Prozessbevollmächtigten nicht erneut und rechtlich unabhängig von dem bereits vor dem Arbeitsgericht verwirklichten Gebührentatbestand erfüllt worden ist.
2. Die Begründung der Erstattungsfähigkeit einer Gebühr nach Verweisung vom Arbeitsgericht an das Finanzgericht setzt regelmäßig nicht nur unwesentliche Handlungen des Prozessbevollmächtigten innerhalb des Verfahrens in der Hauptsache voraus (hier: keine Prozessgebühr, weil nach sofortiger Klagerücknahme allein ein Kostenfestsetzungsantrag gestellt wurde).
Normenkette
ArbGG § 12a Abs. 1 S. 1; FGO § 139 Abs. 3, § 149; BRAGO §§ 13-14; GVG § 17b Abs. 2; GKG § 66 Abs. 1
Tenor
1. Der angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Juli 2005 wird dahingehend geändert, dass keine erstattungsfähigen Kosten festgesetzt werden.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
3. Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Erinnerungsgegnerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten darüber, ob die Gebühren eines Prozessbevollmächtigten in einem vom Arbeitsgericht (ArbG) an das Finanzgericht (FG) verwiesenen Verfahren beim FG zur Erstattung festgesetzt werden können.
Der Erinnerungsführer war bei der Erinnerungsgegnerin angestellt. Das Arbeitsverhältnis wurde mit Schreiben vom 27. Dezember 1999 fristlos gekündigt. Die Kündigungsschutzklage wurde mit Urteil vom 19. März 2001 und die Berufung dagegen wurde mit Urteil vom 13. Mai 2002 abgewiesen.
Mit weiterer Klage beim Arbeitsgericht A-Stadt gegen die Erinnerungsgegnerin vom 27. Dezember 2001 beantragte der Erinnerungsführer,
- 35.655,23 DM an ihn zu zahlen,
- eine Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember 1999 zu erstellen und
- die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1999 in der Spalte „Jahresgesamtbrutto” von 131.432 DM auf 120.946 DM zu berichtigen.
In der Folgezeit wurden in dieser Rechtssache Sitzungen am 12. Februar 2002, am 14. Mai 2002, am 26. November 2002, am 20. März 2003 und am 4. Dezember 2003 vor der 4. Kammer des Arbeitsgerichts A-Stadt durchgeführt. In der letzten Sitzung wurde durch Beschluss der 3. Punkt des Klageantrages wegen der Berichtigung der Eintragung auf der Lohnsteuerkarte vom übrigen Verfahren abgetrennt. Mit weiterem Beschluss vom selben Tag wurde für dieses abgetrennte Verfahren der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit an das Thüringer Finanzgericht verwiesen.
Auf Grund eines sofort nach Zugang erteilten rechtlichen Hinweises des zuständigen Berichterstatters des III. Senats des Thüringer Finanzgerichts nahm der Erinnerungsführer die Klage unverzüglich zurück. Mit Beschluss vom 26. April 2004 wurde das Verfahren daraufhin gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO eingestellt.
Mit weiterem Beschluss des Berichterstatters des III. Senats des Thüringer Finanzgerichts vom 24. März 2005 wurden antragsgemäß die Kosten des Verfahrens dem Erinnerungsführer auferlegt und der Streitwert auf 1.340,35 EUR festgesetzt.
Mit Schreiben vom 8. April 2005 stellte die Erinnerungsgegnerin Kostenfestsetzungsantrag, in dem sie u. a. beantragte, aus einem Gegenstandswert von 1.340,35 EUR eine 10/10 Prozessgebühr in Höhe von 94,50 EUR, eine 10/10 Verhandlungsgebühr in Höhe von 94,50 EUR, Fahrtkosten zu den oben beschriebenen fünf Sitzungen vor dem Arbeitsgericht in Höhe von fünfmal 31,32 EUR, fünfmal ein Tagegeld wegen Abwesenheit bis zu vier Stunden von je 15 EUR und eine Post- und Telekommunikationspauschale von 20 EUR, insgesamt Gebühren in Höhe von netto 486,92 EUR festzusetzen. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf den Kostenfestsetzungsantrag (Blatt 269 der Gerichtskaten) verwiesen.
Der Erinnerungsführer führte aus, dass die beantragten Kosten nicht erstattungsfähig seien, da sie nach Verweisung nicht zusätzlich angefallen seien. Gem. § 14 Abs. 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) seien die Verfahren vor dem verweisenden Gericht und dem übernehmenden Gericht ein Rechtszug. Demzufolge seien auf diese beiden Verfahren die Vorschriften des § 13 BRAGO anzuwenden. Daraus folge, dass der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal beanspruchen könne. Gebührenrechtliche Besonderheiten ergäben sich nur, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwaltes vor und nach der Verweisung nicht nach den gleichen Gebührenvorschriften vergütet werde. Ändere sich bei der Verweisung – wie im vorliegenden Fall – der Gegenstandswert, so gelte grundsätzlich bei einer Verringerung des Gegenstands...