Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Terminsgebühr bei von Berichterstatter erarbeitetem und telefonisch abgestimmtem Erledigungsvorschlag
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Termingebühr kann nur dann nach Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3, Alt. 3 (Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten „Besprechungen”) des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) entstehen, wenn u. a. der für die streitige Entscheidung befugte Amtsträger an der Besprechung teilnimmt, weil nur dieser überhaupt aus eigener Befugnis die für die Anwendung der Regelung notwendige Erledigung eigenverantwortlich herbeiführen kann, und wenn sich zudem der Gesprächspartner bei der Besprechung an einer außergerichtlichen Erledigung interessiert zeigt.
2. Eine „Besprechung” in diesem Sinne kann aber auch vorliegen, wenn die Parteien des Rechtsstreits ihre unterschiedlichen Vorstellungen über eine vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits dem Gericht (Berichterstatter) mitteilen und dieses (dieser) praktisch wie ein Kommunikationsmedium weitgehend ungeprüft die Darstellungen der Parteien jeweils an die Gegenseite weiterleitet. Überprüft der Berichterstatter jedoch nach der Aktenlage erkennbar die Beiträge und Vorschläge der Parteien bezüglich der sachlichen und rechtlichen Richtigkeit oder modifiziert er sie nicht nur unwesentlich, macht er eventuell sogar eigene Vorschläge zur Erledigung, so kann dieser Vorgang nicht mehr als „Besprechung” i. S. v. Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3, Alt. 3 VV-RVG zwischen den Parteien gewertet werden.
3. Hat keine Besprechung zwischen Kläger und Beklagtem stattgefunden, sondern hat der zuständige Berichterstatter basierend auf einem schriftlichen Einigungsvorschlage des Prozessbevollmächtigten einen eigenen Erledigungsvorschlag erarbeitet, diesen Vorschlag telefonisch vorab mit den Beteiligten abgestimmt und haben die Beteiligten daraufhin dem Erledigungsvorschlag zugestimmt, so ist keine Terminsgebühr entstanden.
Normenkette
VV-RVG Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 Alt. 3; VV-RVG Nr. 3202; FGO § 139 Abs. 3 Sätze 1-2, § 149
Tenor
1. Die Erinnerung wird abgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
3. Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens haben die Erinnerungsführer zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über die Festsetzung einer Terminsgebühr.
Die Erinnerungsführer begehrten im Hauptsacheverfahren die Änderung der Einkommensteuerbescheide 1996 bis 2004, in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 26.06.2007, weil Verluste aus Vermietung und Verpachtung zu Unrecht steuerlich nicht berücksichtigt worden seien. Zudem hätte das Finanzamt die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide der Jahre 1996 bis 2001 wegen der bereits eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht ändern dürfen.
Die Erinnerungsführer erwarben im November 1996 ein zweigeschossiges Wohnhaus in der A-Straße in B-Stadt. Das Erdgeschoss nutzten sie selbst und das Obergeschoss die Eltern der Erinnerungsführerin. In den Streitjahren machten die Erinnerungsführer sämtliche Schuldzinsen, Abschreibungen, Erhaltungsaufwendungen und Sonderabschreibung zu 50 % als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Die übrigen Werbungskosten wurden mit einer Pauschale pro qm berücksichtigt. Das Finanzamt erkannte die erklärten Verluste aus Vermietung der Obergeschosswohnung zunächst an. Infolge einer veranlagungsbegleitenden Nachschau im Juni 2005 sowie einer Prüfung durch die Steuerfahndung wurden die streitigen Einkommensteuerbescheide geändert, weil die Erinnerungsführer in den Streitjahren keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hätten, da das Mietverhältnis mit den Eltern der Erinnerungsführerin steuerlich nicht anerkannt werden könne. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Nachdem mehrere umfangreiche Schriftsätze der Parteien in dem anschließenden Klageverfahren vor dem Thüringer Finanzgericht ausgetauscht worden waren, unterbreitete der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 24. Oktober 2009 „zur Vermeidung eines Beweisaufnahmetermins beziehungsweise Erörterungstermins, zumindest aber einer gerichtlichen Entscheidung folgenden Vorschlag einer tatsächlichen Verständigung.”
„…
- Die Prozessparteien verständigen sich darauf, dass zwischen den Klägern und den Eheleuten X von Anfang an eine Übereinkunft bestand, dass die Wohnung in der A-Straße gegen Gewährung von Entgelt gewährt wurde. Vor dem Einzug der Eheleute X schlossen die Kläger mit den Eheleuten X auf Anraten des Lohnsteuerhilfevereins einen formgerechten Mietvertrag, der die vorstehende Übereinkunft in die zur steuerlichen Anerkennungsfähigkeit abweichend von dem Zivilrichter bei angehörigen Mietverhältnissen erforderliche Form kleiden sollte. Eine Täuschungsabsicht gegenüber der Finanzverwaltung bestand bei den Klägern zu keinem Zeitpunkt.
- Von den laut Kläger in dem landgerichtlichen Verfahren (Herrn X) bei diesem bestehenden Vorbehalten bzw. einer abweichenden Rechtsauffassung haben die Ehe...