Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1994. Umsatzsteuer 1994. einheitl. Gewerbesteuermeßbetrag 1994. Ges. Feststellung des vortragsfähigen Verlustvortrages 1994
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid und der Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 09.07.1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.12.1996 werden aufgehoben und die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer 1994 aufgrund der im Klageverfahren eingereichten Steuererklärungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 der Abgabenordnung – AO – 1977 neu festgesetzt.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerfestsetzungen nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1994 vom 09.07.1996 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.12.1996 wird geändert und der vortragsfähige Gewerbeverlust gemäß § 10 a des Gewerbesteuergesetzes unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO 1977 auf 25.901,– DM festgestellt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist, ob in einem Klageverfahren eingereichte Steuererklärung trotz Fristsetzung nach § 364 b der Abgabenordnung – AO – 1977 der Besteuerung zugrunde gelegt werden muß.
Der Kläger ist Gastwirt. Er betrieb von 1991 – 1996 die Gaststätte „XX” in A-Stadt. In den Jahresabschlüssen von 1991 – 1993 wies er jeweils einen Verlust aus. Für das Streitjahr gab er keine Steuererklärungen ab. Deshalb schätzte der Beklagte (das Finanzamt – FA) die Besteuerungsgrundlagen und ging von Umsätzen in Höhe von 66.048,– DM sowie von einem Gewinn aus gewerblicher Tätigkeit in Höhe von 11.228,– DM aus. Dementsprechend erlies es für die Streitjahre am 09.07.1996 Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide sowie den Bescheid über Gewerbesteuermeßbetrag und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes 1994. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den er jedoch nicht begründete, den Jahresabschluß für 1994 aber in Aussicht stellte. Mit Verfügung vom 14.10.1996 (Bl. 9 der Einkommensteuerakte des Beklagten) setzte das FA dem Kläger eine Frist nach § 364 b AO 1977 bis zum 02.12.1996. In der Verfügung wies es den Kläger darauf hin, daß er die nach Fristablauf vorgebrachten Erklärungen und Tatsachen im Einspruchsverfahren nicht mehr berücksichtigen würde. Bis zum Ablauf der Frist äußerte sich der Kläger nicht. Mit Einspruchsentscheidung vom 12.12.1996 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger die Steuererklärungen für das Streitjahr einschließlich der Abschlußunterlagen (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung u.a.) vorlegte.
Mit Schreiben vom 02.09.1997 hat das Finanzamt mitgeteilt, daß der Kläger aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt werden könnte.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid für 1994 sowie den Gewerbesteuermeßbescheid 1994 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1994 vom 09.07.1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.12.1996 aufzuheben und die Einkommensteuer und Umsatzsteuer entsprechend der eingereichten Steuererklärungen festzusetzen, den Gewerbesteuermeßbetrag und den vortragsfähigen Gewerbeverlust entsprechend festzustellen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es beruft sich zur Begründung im wesentlichen darauf, die Besteuerungsgrundlagen aufgrund der versäumten Frist nicht mehr berücksichtigen zu können.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage gegen den Bescheid für 1994 über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag ist mangels Beschwer (§ 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –) unzulässig. In dem Bescheid für 1994 über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag hat das Finanzamt den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag auf 0 DM festgesetzt.
2. Die Klage im übrigen ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Senat kann das Vorbringen des Klägers in den Steuererklärungen nicht als verspätet zurückweisen.
Nach § 76 Abs. 3 FGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die – wie hier – erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364 b AO 1977 gesetzten Frist im Gerichtsverfahren vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden; § 79 b Abs. 3 FGO gilt entsprechend.
Der Senat kann unerörtert lassen, ob das Finanzamt wirksam eine Frist nach § 364 b AO 1977 gesetzt hat. Denn eine Zurückweisung der nachgereichten Steuererklärungen und die Entscheidung ohne ihre Berücksichtigung wegen der verspäteten Abgabe ist im Streitfall nicht zulässig.
Gemäß § 76 Abs. 3 Satz 2 FGO i. V. m. § 79 b Abs. 3 FGO darf das Gericht verspätetes Vorbringen nur dann zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreites verzög...