rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit der Auszahlung von Treueprämien aus einem Betriebsprämienfond nach früherem DDR-Recht im 2. Halbjahr 1990;. Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Arbeitgebers als Haftungsschuldner für Lohnsteuernachforderungen.. Haftungsbescheid für Lohnsteuer 1990
Leitsatz (amtlich)
1. Auszahlungen von Treueprämien/Jahresendprämien in der 2. Jahreshälfte 1990 sind nur dann steuerbefreit, wenn nachvollziehbar ist, dass diese aus einem Betriebsprämienfond nach früherem DDR-Recht stammen. Dieser Nachweis kann nur dann geführt werden, wenn die Fond-Einzahlungen in der DM-Eröffnungsbilanz per 01.07.1990 als Rückstellung offen ausgewiesen sind.
2. Die vorrangige Inanspruchnahme des Arbeitgebers für Lohnsteuernachforderungen ist bereits ab 40 Arbeitnehmern regelmäßig gerechtfertigt (BFH v. 24.01.1992 – VI R 177/88). Dieser Regelannahme kann der Arbeitgeber dadurch entgegentreten, dass er bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens konkrete Angaben zu den steuerlichen Verhältnissen derjenigen Arbeitnehmer macht, die aus seiner Sicht zunächst in Anspruch genommen werden sollten. Zu diesen konkreten Angaben gehören neben der Mitteilung der für Arbeitnehmerveranlagung zuständigen Finanzämter auch die Information, dass die Jahressteuerfestsetzungen der jeweiligen Arbeitnehmer noch bevorstehen.
3. Eine Haftungsverminderung kann der Arbeitnehmer nur erreichen, wenn er bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens gegenüber dem Finanzamt konkret darlegen kann, dass die der Haftung zugrundeliegenden Löhne bereits ganz oder zum Teil von den Arbeitnehmern versteuert wurden.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1; AEBestV DDR § 3 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 5; EStG § 42d
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine im Dezember 1990 gezahlte Zuwendung der Klägerin an ihre Arbeitnehmer lohnsteuerpflichtig ist und ob die Klägerin hierfür haftet.
Die Klägerin ist die XY Verwaltungs- und Abwicklungs GmbH in Liquidation. Sie ging hervor aus dem VEB BA AStadt, der zunächst im April 1990 in die BA Spielwaren GmbH umgewandelt wurde. Diese firmierte ab dem 01.07.1992 als BA Puppen und Spieltiere GmbH, ab Februar 1994 als XY Puppen und Spieltiere GmbH i. L. Ab August 1996 ging deren Vermögen durch Verschmelzung auf die Klägerin über (Bl. 20 FA-Akte). Die rechtliche Identität zwischen der Klägerin und der in Haftung genommenen BA Spielwaren GmbH ist unstreitig.
Im Dezember 1990 zahlte die Klägerin 672.941 DM als „13. Monatsgehalt” an ihre ca. 1300 Arbeitnehmer, ohne Lohnsteuer hierfür einzubehalten und abzuführen. In der DM-Eröffnungsbilanz zum 01.07.1990 sind Rückstellungen für ein 13. Monatsgehalt, eine Jahresendprämie oder Weihnachtsgeld nicht enthalten (Bl. 28, 31 Bil.Akte, Bl. 94 u. 104 Kl.Akte).
Mit Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 15.08.1994 (Bl. 4 Kl.Akte) nahm der Beklagte die Klägerin in Höhe von 106.658,52 DM Lohnsteuer 1990 in Haftung. Er setzte für 1990 einen Bruttosteuersatz von 15,8 v.H. (Bl. 12 Kl-Akte) an. Zugleich forderte er 272 DM Lohnsteuer und 19,04 DM Kirchensteuer für 6/94 gem. §§ 40, 40a und b EStG nach. Das Verfahren gegen diesen Nachforderungsbescheid wurde in der mündlichen Verhandlung abgetrennt (Az.: III 1/98).
Der Einspruch gegen den Haftungsbescheid wurde mit Entscheidung vom 20.03.1995 (Bl. 15 Klageakte) als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin meint, der Haftungsbescheid sei, von Tz. 1 des Prüfungsberichts in Höhe von 333,85 DM abgesehen, rechtswidrig, da das an die Arbeitnehmer gezahlte „13. Monatsgehalt” für den Zeitraum 01.01.1990 bis zum 30.06.1990 aus einer nicht lohnsteuerpflichtigenTreueprämie (Bl. 36) bestanden habe. Sie verweise auf § 20 Abs. 5 AStVO (Bl. 128 Kl-Akte). Der Charakter als Prämie ergebe sich aus dem Betriebskollektivvertrag von 1989. Die Sonderentgelte in Höhe von 506.303,06 Mark seien im Bestand des Betriebsprämienfonds per 30.06.1990 erfaßt gewesen (Bl. 76). In der Mark-Bilanz zum 30.06.1990 sei der Bestand des Prämienfonds passiviert worden (Bl. 78/79 Klage-Akte). Die Klägerin beruft sich auf das Urteil des FG Brandenburg vom 05.04.1995 (3 K 985/94 H (L). Die Finanzverwaltung nehme eine rückwirkende und damit unzulässige Besteuerung vor. Der Beklagte müsse die Lohnsteuer anhand der im Klageverfahren nachgereichten Liste der Arbeitnehmer vorrangig bei diesen erheben. Die Klägerin sei als Arbeitgeberin nicht mehr in Anspruch zu nehmen, da die Steuer beim Arbeitnehmer deshalb nicht mehr zurückgefordert werden könne, weil dessen Veranlagung zur Einkommensteuer bestandskräftig sei und die Voraussetzungen für eine Änderung nach der AO nicht vorlägen (BFH VI R 47/91, BStBl II 1993, 169). Außerdem sei der niedrigere Brutto-Steuersatz zu berechnen. Im übrigen habe der Beklagte Mitarbeitern der Klägerin auf Anfrage mitgeteilt, daß der auf das erste Halbjahr 1990 entfallen...