Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratswahl
Leitsatz (amtlich)
Eine Untersagung einer Betriebsratswahl kommt in entsprechender Anwendung der Regelung des § 19 BetrVG in Betracht. Die Wahl darf aber nur dann abgebrochen werden, wenn sie nach aller Voraussicht als nichtig zu beurteilen ist (Anschluss an BAG 27.07.2011 – 7 ABR 61/10).
Eine Anfechtung setzt neben dem Vorliegen eines Anfechtungsgrundes auch das Betreiben eines Verfahrens mit dem Ziel der Anfechtung voraus. Nur der Grund allein vermag ein ausreichendes Legitimationsdefizit des zu wählenden Betriebsrates nicht zu begründen.
Eine addierende Zusammenschau verschiedener Anfechtungsgründe ist nicht möglich (Anschluss an BAG 19.11.2003 AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 54).
Normenkette
BetrVG § 19; WO §§ 3-4
Verfahrensgang
ArbG Suhl (Beschluss vom 25.01.2012; Aktenzeichen 6 BVGa 1/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Suhl vom 25.1.2012 – 6 BVGa 1/12 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Die Beteiligte zu 1), ein Unternehmen der Zulieferindustrie, verlangt von dem Beteiligten zu 2), einem in einem zu ihr gehörigen Betrieb in Südthüringen gebildeten Wahlvorstand, den Abbruch bzw. Aufschub der für den 8.2.2012 angesetzten Wahl eines Betriebsrates.
Am 12.12.2011 fand bei der Beteiligten zu 1) in deren Betrieb in H., in welchem ca. 160 Mitarbeiter beschäftigt werden, eine Betriebsversammlung statt. Die Angaben zur Zahl der Teilnehmer schwanken zwischen 25 und 29. Ein Wahlvorstand aus drei Mitgliedern wurde bestellt, allerdings ohne Ersatzmitglieder. Nach einer Schulung und nach Übermittlung der für eine Durchführung der Wahl erforderlichen Daten durch den Arbeitgeber tagte der Vorstand am 23.12.2011. Die Sitzung mündete in ein Wahlausschreiben, welches am 27.12.2011 ausgehängt wurde.
Das Wahlausschreiben fordert u. a. auf:
- bis zum 10.1.2012, 10.00 Uhr schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste zu erheben,
- bis zum 10.1.2012, 10.00 Uhr schriftlich Wahlvorschläge zu unterbreiten, die von mindestens sieben Mitarbeitern gezeichnet sein müssten.
Das Wahlausschreiben mit zwei Unterschriften kündigt die Durchführung der Wahl zum 8.2.2012 an. Es wurde im Produktionsbereich an drei Stellen ausgehängt.
Im Zeitraum vom 24.12.2011 bis zum 31.12.2011 wurde im Betrieb nicht produziert. Es wurden Instandhaltungsarbeiten und eine Inventur durchgeführt, an welche nur Teile der Belegschaft teilnahmen.
Bis zum Ablauf der vom Wahlvorstand gesetzten Frist gingen zwei Listen zur Wahl eines Betriebsrates ein, eine mit 30 Unterstützungsunterschriften, die andere mit 12 Unterschriften. In der 5. Kalenderwoche erklärte das Mitglied des Wahlvorstandes E., zurückzutreten.
Am Freitag dieser Woche, am 3.2.2012, lud die IG Metall S. zu einer weiteren Betriebsversammlung am 6.2.2012 ein, weil die Zahl der Mitglieder des Wahlvorstandes unter die gesetzliche Mindestzahl gesunken sei.
Ein Schichtmeister der Beteiligten zu 1) erbat sich bei dem Beteiligten zu 2) die Herausgabe des vorliegenden Wahlvorschlags als Muster zur Vorlage eines weiteren Vorschlages. Dies wurde auch in der Weise verweigert, dass die im Vorschlag enthaltenen Daten unkenntlich gemacht werden sollten.
Die Beteiligte zu 1) hat bemängelt,
das Wahlausschreiben verkürze die Einspruchsfrist am 10.1.2012 um 14 Stunden von 24.00 Uhr auf 10.00 Uhr;
das Wahlausschreiben verkürze die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen ebenfalls um 14 Stunden;
eine Frist von sechs Wochen zwischen der Bekanntgabe des Wahlausschreibens und der Durchführung sei im Hinblick auf die massive Häufung von Feiertagen und die Betriebsruhe nicht eingehalten;
die Zahl der Unterstützungsvorschriften liege richtigerweise bei 8 und sei damit im Wahlausschreiben falsch angegeben;
die Bekanntmachung des Wahlausschreibens sei weder im Bereich der Verwaltung noch im Bereich der Endkontrolle (ESV) erfolgt;
die Verweigerung eines Vorschlagsmusters für den Schichtmeister.
Die Beteiligte zu 1) hat beantragt, im Wege der einstweiligen Verfügung zu erkennen:
- die im Betrieb der Beteiligten zu 1) laufende Betriebsratswahl abzubrechen, hilfsweise:
- dem Beteiligten zu 2) aufzugeben, die für den 8.2.2012 angesetzte Betriebsratswahl einstweilen auszusetzen.
Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 2) hat eingeräumt, die Zahl der Unterschriften nach § 16 Abs. 4 BetrVG falsch berechnet zu haben. Dies habe angesichts der vorliegenden Wahlvorschläge keinen Einfluss auf den Ausgang der Wahl. Im Übrigen weist er die Bedenken der Beteiligten zu 1) zurück.
Das Arbeitsgericht Suhl hat mit Beschluss vom 25.1.2012 – Az. 6 BVGa 1/12 – den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich des Haupt- und des Hilfsantrages zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht vermag aufgrund der Feststellungen im Rahmen der Vorbereitung der Wahl einen Fehler, der eine Nichtigkeit derselben zu begründen vermag, nicht zu erkennen. Gegen die ihr am 1.2.2012 zugegangene Entscheidung hat die Beteiligte zu 1) bereits am 26.1.201...