Verfahrensgang

ArbG Jena (Urteil vom 10.01.1996; Aktenzeichen 4 Ca 248/95)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird die durch Versäumnisurteil des Arbeitsgerichtes Jena vom 10.01.1996, 4 Ca 248/95, erfolgte Entscheidung über die Zurückweisung des Antrages auf Aussetzung des Kündigungsschutzverfahrens bis zur Erledigung des beim Amtsgericht Jena anhängigen Strafverfahrens, 570 Js 56474/95-Cs, aufgehoben.

Die Sache wird an das Arbeitsgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Ausgangsrechtsstreit über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Mit Antrag vom 08.12.1995 (Bl. 33 d. A.) erbat der Kläger die Aussetzung des Kündigungsschutzverfahrens bis zur Erledigung des gegen ihn beim Amtsgericht Jena unter dem Aktenzeichen 570 Js 56474/95-Cs anhängigen Strafverfahrens. Zur Begründung führte er aus, das Ergebnis des Strafverfahrens werde „Auswirkungen” auf das arbeitsgerichtliche Verfahren haben. Die Beklagte widersprach der Aussetzung.

Der Kläger erschien zur Kammerverhandlung am 10.01.1996 nicht. Auf Antrag der Beklagten erging Versäumnisurteil. Die Klage wurde „unter gleichzeitiger Zurückweisung des Aussetzungsantrages vom 08.12.1995” abgewiesen (Bl. 46 d. A.).

Das Versäumnisurteil, das entsprechend § 313 b Abs. 1 ZPO keine Begründung enthält, wurde dem Kläger unter gleichzeitiger Belehrung über den Rechtsbehelf gem. § 59 ArbGG am 16.01.1996 zugestellt. Er hat am 23.01.1996 Einspruch gegen das Versäumnisurteil sowie am 29.01.1996 sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Aussetzungsantrages eingelegt.

Das Arbeitsgericht gab der Beklagten zunächst Gelegenheit, zur sofortigen Beschwerde Stellung zu nehmen. Eine Äußerung erfolgte nicht. Am 01.02.1996 legte das Arbeitsgericht die sofortige Beschwerde dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 78 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 252 ZPO):

Allerdings wird über die Anordnung oder Ablehnung der Aussetzung des Rechtsstreites (hier: gem. § 149 ZPO) „gewöhnlich und korrekterweise” (MK-ZPO/Feiber, 1992, § 252 Rz 6) durch Gerichtsbeschluß entschieden. § 252 ZPO eröffnet gegen solche „Aussetzungsbeschlüsse” den Rechtsbehelf der einfachen (im Falle der Anordnung der Aussetzung) bzw. der sofortigen Beschwerde (im Falle der Ablehnung der Aussetzung).

Das Arbeitsgericht hat demgegenüber die Ablehnung der beantragten Aussetzung im Versäumnisurteil vom 10.01.1996 ausgesprochen. Eine Rechtsmittelbelehrung gem. § 252 ZPO erfolgte nicht.

Für diese Verfahrensweise scheint die Kommentierung von Thomas/Putzo (ZPO, 19. Aufl. 1995, § 252 Rz 2) zu sprechen. Dort wird ausgeführt: „Wird durch Urteil entschieden und damit Aussetzung oder Ruhen abgelehnt, ist das Urteil mit den gewöhnlichen Rechtsmitteln anfechtbar, sofern sie stattfinden und zulässig sind”. Auch Baumbach/Lauterbach (ZPO, 54. Aufl. 1996, § 252 Rz 3) halten § 252 ZPO für nicht anwendbar, wenn durch ein Urteil entschieden wird.

Diese Kommentarstellen sind indes mißverständlich. Zum einen bleibt offen, ob die Ablehnung der Aussetzung zulässigerweise durch Urteil erfolgen kann. Zum anderen ist der Rechtsbehelf der sofortigen Beschwerde gem. § 252 ZPO nur ausgeschlossen, wenn die Ablehnung der Aussetzung durch Endurteil erfolgt. Im einzelnen:

Schon das Arbeitsgericht Offenbach hat mit Beschluß vom 24.06.1981 (DB 1981, 2033) die Auffassung vertreten, über einen Aussetzungsantrag könne im Falle seiner Zurückweisung in den Gründen einer die Instanz beendenden Entscheidung befunden werden, da bei getrennter Entscheidung über die Aussetzung ein Rechtsmittel hiergegen angesichts der zugleich ergehenden, die Instanz beendenden Entscheidung nicht gegeben wäre. Dem ist im Grundsatz zuzustimmen (ebenso: MK-ZPO, a. a. O. Rz 7; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl. 1994, § 148 Rz 45, 46; Gift/Baur, Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen, 1. Aufl. 1993, E Rz 694). Lehnt das Gericht nämlich die beantragte Aussetzung zunächst durch Beschluß ab und erläßt sofort ein Endurteil, wäre die sofortige Beschwerde wegen prozessualer Überholung gegenstandslos. Die Instanz ist beendet (Stein/Jonas/Roth, a. a. O., § 148 Rz 45 i. V. mit § 252 Rz 9). In diesem Fall steht es dem Gericht frei, ohne besonderen Beschluß die Aussetzung in den Gründen des Endurteiles abzulehnen. Allerdings wird ein derartiges Verfahren in der Regel unangemessen sein (so ausdrücklich Stein/Jonas/Roth, a. a. O., § 148 Rz 45).

Nur bei Erlaß eines die Instanz beendenden Urteils ist § 252 ZPO unanwendbar. Wird dagegen die beantragte Aussetzung durch Versäumnisurteil abgelehnt und rechtzeitig Einspruch eingelegt, behält die sofortige Beschwerde ihren Sinn. Die Instanz ist nicht beendet. Der Prozeß wird vielmehr gem. § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand (Stein/Jonas/Roth, a. a. O. § 148 Rz 45).

§ 252 ...

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