Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Schulungskosten von Betriebsratsmitgliedern gem. § 37 Abs. 6 BetrVG. Keine Kostenfreistellung bei Rechnungsstellung an den Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
Ein Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegenüber dem*der Arbeitgeber*in setzt voraus, dass dieser (der Betriebsrat) von seinem*r Gläubiger*in in Anspruch genommen worden ist. Das setzt eine Rechnungsstellung an den Betriebsrat voraus. Eine Übersendung an den*die Arbeitgeber*in reicht dafür nicht aus (Anschluss an BAG 04.06.2003, 7 ABR 42/02; LAG Hessen 24.04.2017, 16 TaBV 238/16; 07.05.2018, 16 TaBV 64/17).
Leitsatz (redaktionell)
Ist die Rechnung des Schulungsträgers für Seminarkosten von Betriebsratsmitgliedern auf den Arbeitgeber ausgestellt und wird sie ihm auch direkt zugestellt, liegt keine Inanspruchnahme der Betriebsratsmitglieder oder des Betriebsrats vor. Auch die Formulierung "für den Seminarbesuch der nachstehenden Teilnehmer" deutet darauf hin, dass weder diese noch der Betriebsrat selbst in Anspruch genommen werden sollten. Somit kann auch kein Freistellungsanspruch der Betriebsratsmitglieder oder des Betriebsrats von den Schulungskosten durch den Arbeitgeber entstehen.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, §§ 40, 37 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Erfurt (Entscheidung vom 20.12.2017; Aktenzeichen 4 BV 7/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1, 3 und 4 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 20.12.2017 - 4 BV 7/17 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über Ansprüche auf Freistellung von Kosten für Betriebsratsschulungen.
Der Beteiligte zu 1) war der am Standort der Beteiligten zu 2) in........2014 erstmals seit langer Zeit wieder errichtete Betriebsrat. Er bestand aus neun Mitgliedern. Zwei davon, die Beteiligten zu 3) und 4) besuchten vom 23.03. bis 27.03.2015 in ..... ein Seminar zum Thema "Betriebsverfassungsrecht Teil II, Starke Rechte nutzen - Arbeitsbedingungen aktiv gestalten". Thema war unter anderem "Soziale Angelegenheiten im Detail - Schutz vor technischer Überwachung der Mitarbeiter".
Im Herbst 2016 teilte die Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) mit, sie beabsichtige die Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems. Unter dem 09.12.2016 lud der Betriebsratsvorsitzende zur Betriebsratssitzung am 14.12.2016. Mit Schreiben vom 14.12.2016 teilte der Beteiligte zu 1) der Standortleitung der Beteiligten zu 2) mit, der Betriebsrat habe am 14.12.2016 die Entsendung der Beteiligten zu 3 und 4 zum Seminar "Der gläserne Mitarbeiter Teil I: Datenschutz und Mitarbeiterkontrolle im Betrieb" vom 30.01.2017 bis 03.02.2017 in München beschlossen. Zum Inhalt im Einzelnen wird auf die Anlage AST 1, (Bl. 4 d. A.) Bezug genommen.
Nach zwischenzeitlichem Schriftverkehr zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) teilte die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 24.01.2017 unter Angabe von Gründen mit, dass sie die Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahme grundsätzlich infrage stelle. Hinsichtlich des Inhalts dieses Schreibens im Einzelnen wird auf die Anlage AST 3 (Bl. 9 d. A.) Bezug genommen.
In der Zeit vom 30.01. bis 03.02.2017 nahmen die Beteiligten zu 3) und 4) an der vorgenannten Schulung teil.
Der die Schulung durchführende Bildungsträger richtete mit Datum vom 02. Februar 2017 eine Rechnung an die Beteiligte zu 2) über 4.775,23 EUR inklusive Umsatzsteuer, die sie nicht beglich. Wegen des Erscheinungsbilds der Rechnung im Einzelnen wird auf Anlage Ast 2 (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 22.03.2017 beauftragte der Beteiligte zu 1) den Antragstellervertreter mit der Durchführung des vorliegenden Beschlussverfahrens.
Der Beteiligte zu 1) hat die Ansicht vertreten,
die Schulungsmaßnahme sei erforderlich gewesen, da die Beteiligte zu 2) beabsichtigt habe, im Betrieb ein neues elektronisches Zeiterfassungssystem einzuführen. Dazu hat er behauptet, die Beteiligte zu 2) habe im Herbst 2016 angekündigt, es werde ein elektronisches Zeiterfassungssystem eingeführt.
Gleichzeitig habe er, der Beteiligte zu 1) erkannt, dass durch die Verwendung von Scannern im Betrieb ebenfalls Verhalten und Leistung der mit den Scannern arbeitenden Mitarbeiter überwacht werden könne.
Des Weiteren seien im Unternehmen an verschiedensten Stellen Videokameras installiert, für die ebenfalls seine Zustimmung nicht vorliege.
Weiterhin sei im Unternehmen ein Intranet installiert, mit dem die Mitarbeiter via E-Mail kommunizieren würden. Auch insoweit habe zum Zeitpunkt der Entscheidung zur Teilnahme an der Schulungsmaßnahme kein ausreichendes Wissen im Gremium zur Wahrnehmung der Mitbestimmungsaufgaben bestanden. Aus diesem Grunde habe er, der Beteiligte zu 1) die Maßnahme "Der gläserne Mitarbeiter Teil I: Datenschutz und Mitarbeiterkontrolle im Betrieb" zur Erledigung seiner Betriebsratsaufgaben für erforderlich halten können.
Es sei erforderlich gewesen, zwei Betriebsratsmitglieder zur Schulung zu entsenden.
Bei einem neunköpfigen Betriebsrat und bei einem Betrieb, der i...