Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung eines Lehrers wegen MfS-Mitarbeit
Leitsatz (amtlich)
unbedeutender Einzelfall
Normenkette
EV Abs. 5 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Suhl (Urteil vom 16.02.1995; Aktenzeichen 2 Ca 2344/94) |
Nachgehend
Tenor
Unter Abänderung des am 16. Februar 1995 verkündetenUrteils des Arbeitsgerichts Suhl, Az.: 2 Ca 2344/94, wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 14.07.1994 nicht aufgelöst worden ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer ordentlichen Kündigung wegen Tätigkeit des Klägers für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR und wegen unwahrer Angaben im Personalfragebogen.
Der Kläger war seit 1973 als Lehrer bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger beschäftigt.
Der Kläger hat in der Zeit vom 16.12.1970 bis 14.2.1989 mit Unterbrechungen von 1975 bis 1983 und 1985 bis 1986 als IM für das MfS gearbeitet. In dieser Zeit hat er selbst 13 Treffberichte geschrieben und mit Decknamen unterschrieben. 4 dieser Berichte hat der Beklagte zu den Akten gereicht. Der Bericht vom 24.5.1973 (Bl. 67 d.A.) enthält eine Einschätzung des DTSB-KV Suhl in dem allgemein u. a. die mangelnde ideologische Abgrenzung zum westdeutschen Sportgeschehen im Bereich des DTSB-KV Suhl bemängelt wird. In dem Bericht vom 11.12.1973 (Bl. 68 d.A.) wird über den Inhalt eines Päckchens berichtet, das der Kläger von einem westdeutschen Sportler erhalten hatte und über den Inhalt eines anschließend mit diesem Sportler geführten Telefongesprächs. In einem weiteren Bericht vom Oktober 1973 wurde ein Volleyballnationalspieler eingeschätzt. Dieser Bericht enthält Informationen über das Elternhaus des Volleyballspielers, u. a. Angaben über die Vorstrafe eines Familienmitglieds einerseits, andererseits dessen Talents, u. a. auch Angaben über die Freundin mit dem Hinweis auf deren großzügigen Lebenswandel und deren sexuelle Auffälligkeit. In dem Bericht vom 19.1.1988 informierte der Kläger das MfS über seine Beziehung zu einer in die BRD übergesiedelten Frau und seinen Wunsch im Zuge der Eheschließung mit dieser Frau selbst in die BRD überzusiedeln.
Am 15.5.1991 beantwortete der Kläger die ihm im Personalfragebogen vorgelegte Frage nach MfS-Kontakten mit „nein”. Zur Ausfüllung des Fragebogens stand dem Kläger eine Woche zur Verfügung.
Nach der am 18.3.1994 eingegangenen Auskunft der Gauck-Behörde enthält die dort geführte Akte weitere 36 Treffberichte des Führungsoffiziers und weitere 49 Treffberichte des Führungsoffiziers nach Angaben des Klägers.
Am 15.4.1994 wurde der Kläger vom Personalüberprüfungsausschuß des … zu dem Vorwurf der IM-Tätigkeit angehört.
Am 31.5.1994 wurde der beim … gebildete Hauptpersonalrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers informiert.
Mit Schreiben vom 15.6.1994 erklärte der Hauptpersonalrat nach vorangegangener Erörterung des Falles zum Kündigungsantrag keine Stellungnahme abgeben zu wollen.
Mit Schreiben vom 14.7.1994, dem Kläger zugegangen am 24.8.1994, kündigte der Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis fristlos unter Bezugnahme auf die Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 Nr. 2 des Einigungsvertrages (nachfolgend Abs. 5 Nr. 2 EV) auf. Das gleiche Schreiben enthielt die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung unter Bezugnahme auf die Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 Nr. 1 des Einigungsvertrages (nachfolgend Abs. 4 Nr. 1 EV).
Mit einer beim Arbeitsgericht am 1.9.1994 eingegangenen Klageschrift hat sich der Kläger gegen diese Kündigungen gewehrt.
Wegen der Einzelheiten des Klägervortrages und des Beklagtenvortrages in der ersten Instanz und im Hinblick auf die dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das dem Kläger am 24.5.1995 zugestellte Urteil hat dieser am 19.6.1995 Berufung eingelegt und nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.8.1995 am 14.8.1995 begründet.
Der Kläger behauptet, zur Zusammenarbeit mit dem MfS erpresst worden zu sein. Mit seiner Tätigkeit habe er niemanden geschadet. Seine Berichte seien bis auf 2 ca. 1970 und 1986 erfolgten persönliche Einschätzungen allgemein gehalten gewesen. Bei den persönlichen Einschätzungen habe es sich um Berichte über den damaligen Vorgesetzten des Klägers B. und den Direktor der S. P. B. gehandelt. Diese Berichte hätten den Betroffenen aber nicht geschadet. Der erstere sei kurz danach zum stellvertretenden DTSB-Bezirksvorsitzenden avanciert, der andere hätte später den Aufstieg zum Direktor der Berliner Philharmonie genommen.
In einer Vielzahl von Fällen habe er das MfS auch nicht über MfS-relevante V...