Verfahrensgang
ArbG Jena (Urteil vom 05.02.1993; Aktenzeichen 7 Ca 75/92) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 05.02.1993 – Az.: 7 Ca 75/93 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um rechnerisch unstreitige Abfindungsansprüche der Klägerin aus einem Tarifvertrag.
Die Klägerin war seit 01.09.1980 bei den Rechtsvorgängern der Beklagten zuletzt als stellvertretende Objektleiterin in der Delikat- und Feinkostfiliale mit einem Bruttomonatsverdienst von 1.650,00 DM beschäftigt. Am 17./31.10.1990 schlossen die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Aufhebungsvertrag zum 31.10.1990 (Bl. 7 d. A.). Als Grund der Aufhebung war angegeben: „Privatisierung der Filiale”. Die Klägerin arbeitete ab 01.11.1990 bei Frau L., der Erwerberin der Filiale. Am selben Tag vereinbarte die Klägerin mit Frau L. einen Arbeitsvertrag (Bl. 13–16 d. A.) wonach sie ab 01.11.1990 mit einem Monatsgehalt von 1.348,00 DM brutto als Verkäuferin eingestellt worden ist. Gem. § 2 dieses Vertrages konnte das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Frau L. kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31.01.1991.
Am 14.08.1991 schlossen die Gesellschaft zur Privatisierung des Handels mbH und die DAG einen Tarifvertrag über die Qualifizierung und Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang mit der Privatisierung. Dieser lautet, soweit vorliegend von Bedeutung, wie folgt:
„§ 2 Abs. 1: Der Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmer, die durch Arbeitnehmerkündigung oder einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Arbeitgebers vom 01.07.1990 bis 31.12.1990 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind und auf die der Tarifvertrag vom 06.02.1991 nicht anwendbar ist.
§ 3: Alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis gem. § 2 beendet worden ist und auf die nicht § 4 anzuwenden ist, erhalten eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 25 % des Bruttomonatseinkommens pro anrechnungsfähigem Beschäftigungsjahr. Maßgebend ist das Einkommen, das der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogen hat.”
Die am 05.08.1991 zwischen den Tarifvertragspartnern geregelten Hinweise zur Anwendung der Tarifverträge zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang lauten
„2. Zum Abfindungsanspruch generell und einzelner Arbeitnehmergruppen
Der Anspruch auf Zahlung der Abfindung setzt voraus, daß der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt wurde bzw. auf Veranlassung des Arbeitgebers betriebsbedingt einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat. Soweit es aus dem Text des Aufhebungsvertrages nicht hervorgeht, gilt als Veranlassung des Arbeitgebers auch, wenn der Arbeitgeber mündlich oder schriftlich die Arbeitnehmer aufgefordert hat, wegen der Anpassung an marktwirtschaftliche Strukturen sich einen Arbeitsplatz bei einem anderen Arbeitgeber zu suchen. Dem gleichgestellt ist auch, wenn auf Veranlassung des Arbeitgebers ein Überleitungsvertrag geschlossen wurde; es sei denn, die Überleitung erfolgte im Sinne des Überganges des Arbeitsverhältnisses im Rahmen des Betriebsüberganges. Keinen Anspruch auf Abfindung haben Arbeitnehmer, die von sich aus gekündigt haben.”
Mit ihrer am 10.09.1992 beim Kreisgericht Jena – Kammer für Arbeitsrecht – erhobenen Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Zahlung eines Abfindungsbetrages in Höhe von 3.370,00 DM begehrt und in der Sitzung vom 05.02.1993 die rechnerisch unstreitige Abfindung in Höhe von 4.012,50 DM begehrt. Sie beruft sich insoweit auf den Tarifvertrag vom 14.08.1991 (im folgenden: GPH II TV). Sie macht geltend, ihr Arbeitsplatz bei der Beklagten sei aufgrund arbeitgeberseitig veranlaßtem Aufhebungsvertrag weggefallen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin eine Abfindung in Höhe von DM 4.012,50 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, dem mit der Klägerin abgeschlossenen Aufhebungsvertrag komme lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Jedenfalls sei der Abfindungsanspruch wegen Übernahme des Beschäftigungsverhältnisses gem. § 613 a BGB ausgeschlossen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Urteils (Bl. 30–32 d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses, der Beklagten am 08.03.1993 zugestellte Urteil, hat diese am 08.04.1993 eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 08.06.1993 mit dem am 02.06.1993 beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte beantragt unter näherer Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil und unter Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens:
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 05.02.1993 – Az.: 7 Ca 75/92 – aufgehoben und die Klage abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung...