Verfahrensgang
ArbG Jena (Urteil vom 10.07.1992; Aktenzeichen 5 Ca 33/92 a) |
Nachgehend
Tenor
1) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Kreisgerichts Jena vom 10.07.1992, Az.: 5 Ca 33/92 a, abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.200,00 DM (i. W.: fünftausendzweihundert Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 13.04.1992 zu bezahlen.
2) Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3) Die Revision wird zuglassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein tariflicher Anspruch auf Abfindung zusteht.
Die Klägerin war seit 15.07.1974 bei der Handelsorganisation (HO) Stadt und Kreis J. und deren Rechtsnachfolgerin, der HGV Handels- und Gaststättenverbund J. GmbH beschäftigt. Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der HGV.
Das Arbeitsverhältnis zwischen der HGV und der Klägerin endete durch Kündigung der Klägerin vom 29.10.1990 zum 31.10.1990 (Bl. 88 d. A.).
Aufgrund im Oktober 1990 geschlossenen Arbeitsvertrages (Bl. 38 d. A.) ist die Klägerin seit 01.11.1990 bei der Fa. H. in J. GmbH beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis war eine Probezeit von drei Monaten vereinbart.
Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft Handel-Banken-Versicherungen (HBV).
Zwischen der Gewerkschaft HBV und der GPH Gesellschaft zur Privatisierung des Handels mbH wurde unter dem 01.08.1991 ein Tarifvertrag über die Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang mit der Privatisierung abgeschlossen (im folgenden: GPH-TV II). Er lautet, soweit einschlägig:
§ 2
1) Der Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmer, die durch Arbeitgeberkündigung oder einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Arbeitgebers vom 01.07.1990 zum 31.12.1990 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind und auf die der Tarifvertrag vom 28.01.1991 nicht anwendbar ist.
§ 3
1) Alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis gem. § 2 beendet worden ist …, erhalten eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 25 % des Bruttomonatseinkommens pro anrechnungsfähigem Beschäftigungsjahr.
Unter dem 05.08.1991 haben die Tarifvertrags-Parteien Hinweise zur Anwendung des GPH-TV II gegeben (Bl. 16– 18 d. A.). Diese lauten auszugsweise:
2) Zum Abfindungsanspruch generell und einzelner Arbeitnehmergruppen
- Der Anspruch auf Zahlung der Abfindung setzt voraus, daß der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt wurde bzw. auf Veranlassung des Arbeitgebers betriebsbedingt einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat. Soweit es aus dem Text des Aufhebungsvertrages nicht hervorgeht, gilt als Veranlassung des Arbeitgebers auch, wenn der Arbeitgeber mündlich oder schriftlich die Arbeitnehmer aufgefordert hat, wegen der Anpassung an marktwirtschaftliche Strukturen sich einen Arbeitsplatz bei einem anderen Arbeitgeber zu suchen. Dem gleichgestellt ist auch, wenn auf Veranlassung des Arbeitgebers ein Überleitungsvertrag geschlossen wurde; es sei denn, die Überleitung erfolgte im Sinne des Übergangs des Arbeitsverhältnisses im Rahmen des Betriebsüberganges. Keinen Anspruch auf Abfindung haben Arbeitnehmer, die von sich aus gekündigt haben.
…
3) Abfindung bei Betriebsübernahme oder Betriebsübergang
- Arbeitnehmer, die einen Betrieb (….) selbst übernommen haben, haben ebensowenig wie die mitübernommenen Arbeitnehmer Anspruch auf Abfindung gegenüber den im Geltungsbereich der Tarifverträge genannten Unternehmen. Es gilt hier der gleiche Grundsatz wie zum Tarifvertrag vom 28.01./31.01.1991. …
Der vom GPH-TV II und den „Hinweisen” in Bezug genommene Tarifvertrag vom 28.01.1991 (im folgenden: GPH-TV I) enthält u. a. folgende Bestimmung:
§ 8
1) Alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nicht auf einen neuen Arbeitgeber übergeht und gekündigt oder auf Veranlassung des Arbeitgebers durch Aufhebungsvertrag beendet wird, erhalten eine Abfindung. …
Die Beklagte unterliegt unstreitig dem Geltungsbereicht der GPH-Tarifverträge (Anlage gem. § 12 GPH-TV I und Anlage zu den „Hinweisen”).
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde die Abfindung nach dem GPH-TV II. Ihr mit der HGV bestehendes Arbeitsverhältnis sei nicht aufgrund Betriebsüberganges auf die Fa. H. übergegangen. Das Arbeitsverhältnis mit der Fa. H. sei vielmehr neu begründet worden. Auch sei die von ihr gegenüber der HGV ausgesprochene Kündigung von ihrem früheren Arbeitgeber veranlaßt worden. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag sei ihr verweigert worden. Auch eine betrieblich veranlaßte Eigenkündigung stehe dem Abfindungsanspruch jedoch nicht entgegen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.200,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe kein Abfindungsanspruch zu, weil sie das Arbeitsverhältnis selbst gekündigt habe und im übrigen das Arbeitsverhältnis fortbestanden habe, denn die Fa. H. habe den Besch...