Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuerkennung einer ½ Prozeßgebühr bei Miterledigung eines anderen Rechtsstreits in einem gerichtlichem Vergleich

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Rechtsanwalt steht keine zusätzliche halbe Prozeßgebühr nach § 32 II BRAGO zu, wenn in einem Klageverfahren ein oder mehrere in der gleichen Instanz rechtshängige Verfahren, in denen er bereits eine Prozeßgebühr verdient hat, in einem umfassenden gerichtlichen Vergleich miterledigt werden.

 

Normenkette

BRAGO § 32

 

Verfahrensgang

ArbG Eisenach (Beschluss vom 30.01.1997; Aktenzeichen 3 Ca 9/95)

 

Tenor

wird die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Eisenach vom 30.01.1997, 3 Ca 9/95, kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf DM 238,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren, einem Kündigungsschutzverfahren, schlossen die Parteivertreter am 14.08.1995 einen gerichtlichen Vergleich, dessen Ziff. 3 eine Ausschlußklausel enthält und zugleich festlegt, daß noch drei andere vor dem Arbeitsgericht in der gleichen Kammer anhängigen Verfahren gleichen Rubrums miterledigt sein sollen.

In diesen drei Verfähren waren vom Beschwerdeführer auftragsgemäß Klagen eingereicht worden und somit jeweils eine Prozeßgebühr nach § 31 BRAGO entstanden (und wohl auch von der Rechtsschutzversicherung abgerechnet worden).

Im Ausgangsverfahren rechnete der Beschwerdeführer gegenüber der Rechtsschutzversicherung eine Prozeß- und eine Erörterungsgebühr nach dem Wert des Kündigungsschutzverfahrens sowie eine Vergleichsgebühr nach dem zusammengerechneten Wert aller vier erledigten Verfahren ab.

Die Rechtsschutzversicherung weigerte sich aber, eine 5/10 Prozeßgebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO nach dem Wert der drei miterledigten Verfahren zusätzlich abzurechnen.

Der Beschwerdeführer beantragte deshalb die Festsetzung dieser Gebühr nach § 19 BRAGO gegenüber der Beschwerdegegnerin.

Mit begründetem Beschluß vom 18.11.1996 lehnte die Rechtspflegerin den Antrag auf Festsetzung dieser Gebühr ab.

Der dagegen eingelegten Erinnerung half die Rechtspflegerin mit begründetem Beschluß vom 14.01.1997 nicht ab; die zuständige Kammervorsitzende wies die Erinnerung mit begründetem Beschluß vom 30.01.1997 zurück.

Gegen diesen am 07.02.1997 zugestellten Beschluß legte der Beschwerdeführer mit dem am 19.02.1997 beim Beschwerdegericht eingegangenen Schriftsatz vom 18.02.1997 sofortige Beschwerde ein und verwies zur Begründung im wesentlichen auf die Ausführungen in der Erinnerungsschrift.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde, die erforderlich wurde, nachdem das Arbeitsgericht über die vom Beschwerdeführer eingelegte Erinnerung abschließend entschieden hatte und nicht – wie es der gesetzlichen Regelung entsprochen hätte – der Erinnerung nicht abhalf und sie dem Beschwerdegericht vorlegte (§ 11 Abs. 2 S. 4 und 5 RpflG, sog. Durchgriffserinnerung) ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Rechtspflegerin hat aus zutreffenden Gründen die Festsetzung einer Gebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO abgelehnt, die Richterin hat demnach die Erinnerung zutreffend zurückgewiesen.

Im Gegensatz zur ordentlichen Gerichtsbarkeit besteht in der Arbeitsgerichtsbarkeit ausweislich der veröffentlichten Entscheidungen der Obergerichte Einvernehmen darüber, daß dem Prozeßbevollmächtigten keine zusätzliche halbe Gebühr nach § 32 abs. 2 BRAGO zusteht, wenn in einem Klageverfahren ein oder mehrere andere rechtshängige Verfahren, in denen der Prozeßbevollmächtigte bereits eine Prozeßgebühr verdient hat, in einem umfassenden Vergleich miterledigt werden (vgl. LAG Nürnberg, Beschluß vom 30.07.1984 ABL BayAM 1983 C 3; LAG Hamm, Beschluß vom 19.06.1986, 8 Ta 83/86, LAGE § 32 BRAGO Entsch. 1, LAG Düsseldorf, JurBüro 1994, 672; LAG Bremen, Beschluß vom 25.06.1993, 4 Ta 35/93, LAGE, a. a. O. Entsch. 3; LAG Sachsen-Anhalt, Beschluß vom 12.03.1996, 8 Ta 13/96, JurBüro 97, 191).

Das Beschwerdegericht stimmt dieser Auffassung deshalb zu, weil nur sie dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 32 BRAGO entspricht.

§ 32 Abs. 1 BRAGO deckt den gleichen Bereich wie § 31 Abs. 1 Ziff. 1 BRAGO ab. In beiden Fällen hat der Rechtsanwalt den Auftrag erhalten, etwa eine Klage einzureichen, ist also mit der Führung eines Rechtsstreits beauftragt worden. Nach § 31 Abs. 1 Ziff. 1 BRAGO steht ihm eine volle Prozeßgebühr zu, wenn er entsprechend diesem Auftrag vorgeht und die Klage tatsächlich einreicht; § 32 Abs. 1 BRAGO gewährt ihm nur die halbe Prozeßgebühr, wenn der Auftrag endigt, bevor er die Klage anhängig gemacht hat.

Das gleiche gilt nach der gesetzlichen Regelung, soweit der Rechtsanwalt nur den Auftrag hat, eine Einigung herbeizuführen und diese zu Protokoll des Prozeßgerichts zu bringen.

„§ 32 BRAGO soll die Fälle abdecken, die von § 31 BRAGO nicht umfaßt sind, also die Tätigkeit des Rechtsanwalts honorieren, der trotz Auftrags aus verschiedenen Gründen nicht dazugekommen ist, eine Klageschrift …. beim Gericht einzureichen, der sich aber dennoch mit der Sache befaßt hat ...

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