Entscheidungsstichwort (Thema)

Versäumung der Berufungsfrist. Vertretungsbefugnis von Verbänden im Arbeitsgerichtsprozess

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vertretung durch einen Verbandsvertreter ist gem. § 11 Abs. 1 S. 2 ArbGG ausgeschlossen, wenn es um einen Rechtsstreit geht, der mit der Verbandsmitgliedschaft in keinem Zusammenhang steht.

2. Erhalten Studierende nach der Satzung des Verbands lediglich Unterstützung in rechtlichen Angelegenheiten, die ihre Berufsausbildung betreffen, besteht keine Vertretungsbefugnis für Ansprüche aus einem Handelsvertreterverhältnis.

 

Normenkette

ArbGG § 11 Abs. 1 S. 2; ZPO §§ 233, 234 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Suhl (Urteil vom 13.07.1995; Aktenzeichen 3 (2) Ca 2106/94)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 13.07.1995 – Az.: 2 Ca 2106/94 – wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche des Klägers aus dessen Tätigkeit als freier Handelsvertreter für die Beklagte.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit einem am 13.07.1995 verkündeten Urteil abgewiesen. Gegen dieses, ihm am 22.07.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 21.08.1995 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz des D. Berufung eingelegt, nachdem er zuvor mit Schreiben vom 22.07.1995 um Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die erst nach PKH-Bewilligung mögliche Berufungseinlegung ersucht hatte. Mit Schreiben vom 22.08.1995, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 24.08.1995 teilte der Kläger mit, er sei der Gewerkschaft beigetreten und suche dort um Rechtsschutz nach. Es sei daher denkbar, dass die beantragte Prozesskostenhilfe vielleicht nicht oder nur teilweise benötigt werde. Der PKH-Antrag soll grundsätzlich bestehen bleiben, wobei eine Bewilligung dann natürlich nur in dem Umfang in Anspruch zu nehmen wäre, in welchem er mit Kosten belastet und nicht durch die Gewerkschaft von diesen Kosten freigestellt sei.

Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.10.1995 begründete der Kläger die Berufung mit einem Schriftsatz des D. vom 16.10.1995, der am 19.10.1995 beim Berufungsgericht einging. Mit Schriftsatz vom 09.05.1996, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 10.05.1996, legte der D. sein Mandat nieder. Der Kläger bat daraufhin mit am 14.05.1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz unter Hinweis auf den Prozesskostenhilfeantrag vom 22.07.1995 erneut um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Nachdem ihm mit Beschluss vom 27.12.1996 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. H. bewilligt wurde, teilte dieser mit Schriftsatz vom 06.03.1997 mit, er habe das ihm angetragene Mandat noch nicht angenommen und könne daher derzeit nicht als Prozessbevollmächtigter für den Kläger tätig sein, da noch einige offene Fragen zu klären seien, bei denen es auf die Mitwirkung des Klägers ankomme. Zuvor hatte die G. mit Schriftsatz vom 05.02.1997 auf eine Streitverkündung des Klägers vorgetragen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Rechtsschutz, weil Umfang und Ausmaß des beantragten Rechtsschutzes nicht mit der studentischen Mitgliedschaft in der G. zu vereinbaren wären und es sich überwiegend um Tätigkeiten handele, die üblicherweise nicht dem Organisationsbereich der G. zugeordnet werden könnten und damit auch nicht vom Rechtsschutz umfasst würden. Mit Schriftsatz vom 20.03.1997 teilte Herr Rechtsanwalt Dr. H. mit, dass er das vom Kläger angetragene Mandat abgelehnt habe. Mit Schreiben vom 22.05.1997 bat der Kläger um Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts. Nachdem seine Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 21.08.1997 ihre Bereitschaft erklärt hatte, den Kläger im Berufungsverfahren zu vertreten, wiederholte der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 12.11.1997 die Berufungsanträge unter Bezugnahme auf die Berufungsbegründungsschrift. Durch Beschluss vom 26.11.1997 wurde auf übereinstimmenden Antrag beider Prozessvertreter das Ruhen des Verfahrens beantragt. Mit Schriftsatz vom 20.07.2001 rief der Kläger das Verfahren wieder auf. Nachdem die Kammer im Termin vom 28.08.2002 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen hatte, stellte der Kläger mit Schriftsatz vom 06.09.2002, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 07.09.2002, einen Antrag auf Wiedereinsetzung.

Der Kläger vertritt die Auffassung, auch wenn die Vertretung des Klägers nicht im Rahmen der Satzung der G. erfolgt sei, führe dies nicht zur Unwirksamkeit der Berufungseinlegung, da nach § 11 ArbGG lediglich erforderlich sei, dass der Zusammenschluss von Gewerkschaften kraft Satzung oder kraft Vollmacht zur Vertretung befugt sei und für ein Mitglied auftrete. Der Kläger vertritt die Auffassung, die Wiedereinsetzung scheitere nicht an der Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO, da diese Frist nicht eingreife, wenn der Gegner nicht auf die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils habe v...

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