Verfahrensgang

ArbG Gera (Urteil vom 13.12.1993; Aktenzeichen 4 Ca 222/91 A)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.02.1997; Aktenzeichen 8 AZR 16/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil des Arbeitsgerichts … – Az.: 4 Ca 222/91 A vom 13. Dezember 1993 abgeändert.

Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wird abgewiesen.

Auf die Anschlußberufung der Klägerin wird das genannte Urteil teilweise abgeändert.

Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, an die Klägerin DM 15.816,36 nebst 4 % Zinsen seit dem 11.09.1992 zu zahlen.

Im übrigen wird die Anschlußberufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten haben die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 3) zu 1/3 zu tragen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) in vollem Umfang und seine eigenen zu 2/3 zu tragen. Der Beklagte zu 3) hat seine außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang und die der Klägerin zu 1/3 zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes an die Klägerin in Höhe der Klageforderung.

Die Klägerin war im Ambulatorium A. welches Bestandteil des Gesundheitswesens W. war, als stomatologische Schwester beschäftigt. Am 23.06.1990 unterzeichneten der Gebietsarzt als Leiter des Gesundheitswesens W. der Direktor der Verwaltung der Sozialversicherung W. einerseits und der Direktor der Industriegewerkschaft W. andererseits einen Tarifvertrag über den Schutz für Mitarbeiter des Gesundheitswesens W. bei Rationalisierungsmaßnahmen und Strukturveränderungen, der u. a. Abfindungszahlungen für den Fall eines betriebsbedingten Arbeitsplatzverlustes vorsah.

Eine Bestätigung und Registrierung dieses Tarifvertrages durch das zuständige zentrale Staatsorgan erfolgte nicht mehr.

Am 13.09.1990 kam es unter Leitung des Ministers für Gesundheitswesen der DDR. Herrn K. zu einer Beratung von Forderungen der Mitarbeiter des Gesundheitswesens W. an der neben dem Minister 14 von der Belegschaft des Gesundheitswesens W. gewählte Vertreter, der Gebietsarzt, ein Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und ein Vertreter des Ministeriums für Arbeit und Soziales der DDR sowie Vertreter der Sozialversicherung teilnahmen. Ausweislich des Festlegungsprotokolls über diese Verhandlung waren Ausgangspunkt und Beratungsgegenstand Forderungen der IG W. an den Gesundheitsminister vom 06. und 10.09.1990 sowie die Gültigkeit des Tarifvertrages vom 23.06.1990.

Als Ergebnis dieser Beratung unterzeichneten der Minister für Gesundheitswesen der damaligen DDR, der Gebietsarzt des Gesundheitswesens W. und der Vorsitzende der IG W. ein sogenanntes Festlegungsprotokoll, dessen Ziff. 2 wie folgt lautet:

Der Tarifvertrag vom 23.06.1990 gilt einschließlich seiner Bestimmungen zum Rationalisierungsschutz bis zum 31.12.1990. Es besteht Einigkeit darüber, daß es sich nicht um ein Abfindungsabkommen handelt und Entschädigungszahlungen als Folge von Kündigungen die Ausnahme bilden sollen.

Mit Schreiben vom 09.10.1990 kündigte der geschäftsführende Verwaltungsdirektor des medizinischen Versorgungsbereichs … das Arbeitsverhältnis der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen zum 31.12.1990.

Zugleich erhielt die Klägerin eine ebenfalls vom Verwaltungsdirektor unterzeichnete Bescheinigung, wonach ihr auf der Grundlage des Tarifvertrages über den Schutz für Mitarbeiter des Gesundheitswesens W. bei Rationalisierungsmaßnahmen und Strukturveränderungen vom 23.06.1990 eine Abfindungssumme in Höhe von 15.816,36 DM errechnet und zugesagt wurde.

Auf der Arbeitsbescheinigung für das Arbeitsamt vom 22.11.1990 bestätigte die Beklagte ebenfalls, es sei noch eine Abfindung in der genannten Höhe an die Klägerin zu zahlen.

Die Klägerin hat gegen die Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhoben.

Nachdem die Klägerin zunächst die Beklagte zu 1) und Jetzige Berufungsklägerin auf Zahlung der Abfindungssumme in Anspruch genommen hatte, erweiterte die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.09.1992 seiner Prozeßbevollmächtigten die Klage dahingehend, daß sie sich auch gegen die Beklagten zu 2) und 3) richte. Eine Klagebegründung enthielt dieser Schriftsatz nicht.

Durch Beschluß vom 08.03.1993 bezog das Arbeitsgericht die Beklagte zu 2) und zu 3) in das Verfahren ein und stellte die Klage und sonstige Schriftsätze an die Beklagte zu 2) und 3) zu.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, § 14 Abs. 2 AGB-DDR sei durch das Gesetz zur Änderung der Verfassung der DDR vom 06.03.1990 und § 3 des Gesetzes über die Rechte der Gewerkschaften in der DDR vom 06.03.1990 außer Kraft gesetzt worden. Da der Tarifvertrag erst am 23.06.1990 zu Stande gekommen sei, habe auch praktisch nicht mehr die Möglichkeit bestanden, noch eine Registrierung vornehmen zu lassen. Durch ihre Unterschrift unter das Festlegungsprotokoll vom 13.09.1990 hätten auch alle Parteien bestätigt, die Gültigkeit des Tarifvertrages außer Frage stellen zu wollen. Zumindest sei in diesem Verhalten eine erneute Vereinbarung des ...

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