Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung wegen unterbliebener unverzüglicher Information des Arbeitgebers über krankheitsbedingtes Fernbleien von der Arbeit. Kündigung wegen wiederholten und schon mit einer Abmahnung gemaßregelten Fehlverhaltens des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gegenstand der Abmahnung war der zwischen den Parteien streitige Umstand eines krankheitsbedingten Ausbleibens der Klägerin zur Nachtschicht am 18.10.2015, ohne die Beklagte hierüber noch am 18.10.2015 zu Schichtbeginn zu unterrichten. Bei einer krankheitsbedingten Verhinderung an der Erbringung der vertraglichen Arbeitsleistung besteht bereits aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitnehmers die Verhinderung unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) dem Arbeitgeber mitzuteilen. Hiervon zu unterscheiden ist die ebenfalls in § 5 Abs. 1 EFZG geregelte Nachweispflicht des Arbeitnehmers durch Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die erst zeitlich später einsetzt. Für die Mitteilungspflicht kommt es aufgrund der gesetzliche Regelung auf die Frage, ob entsprechende Regelungen auch über eine Arbeitsordnung oder eine Betriebsvereinbarung für das Arbeitsverhältnis der Klägerin gelten, nicht entscheidungserheblich an.

2. Durch das Erfordernis einer Abmahnung bei Pflichtverletzungen, die auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers beruhen, soll eine positive Beeinflussung des zukünftigen Verhaltens des Arbeitnehmers bereits durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses herbeigeführt werden, um eine Kündigung zu vermeiden. Die Abmahnung ist dabei zugleich Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und stellt das mildere Mittel zur Beseitigung der Vertragsstörung dar. Hieraus folgt, dass die Abmahnung Pflichtverletzungen zum Gegenstand haben muss, die der späteren Kündigung zugrunde liegen, denn nur eine erfolglose einschlägige Abmahnung eröffnet die Annahme zukünftiger weiterer Vertragsstörungen, die zur Beendigung des Vertragsverhältnisses berechtigen.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2; EFZG § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 1; BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Entscheidung vom 14.12.2016; Aktenzeichen 3 Ca 1362/16)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil Arbeitsgerichts Erfurt vom 14.12.2016 (3 Ca 1362/16) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung und den Anspruch der Klägerin auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte.

Die am 26.01.1986 geborene Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.02.2014 als Produktionsmitarbeiterin im 3-Schichtbetrieb beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 20.1.2014 (Bl. 11 - 14 d. A.) zugrunde. Darüber hinaus gibt es bei der Beklagten eine Arbeitsordnung vom 01.03.2009 (Bl. 135 - 170 d. A.) und eine Betriebsvereinbarung vom 29.10.2015 (Bl. 102 d. A.) in denen Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer u.a. bei Arbeitsverhinderung geregelt sind. Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden betrug ihr Verdienst monatlich 2.050,29 € brutto. Vom 28.09.2015 bis zum 21.10.2015 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Am 18.10.2015 war die Klägerin zum Arbeitseinsatz in der Nachtschicht (21:50 Uhr bis 06:00 Uhr) eingeplant. Zu dieser Nachtschicht erschien die Klägerin nicht.

Unter dem 23.10.2015 erhielt die Klägerin eine Abmahnung (Bl. 21 d. A.) mit der ihr vorgeworfen wurde, am 18.10.2015 ihre Nachtschicht nicht angetreten zu haben, ohne die Beklagte über ihre Verhinderung zu informieren und die Beklagte über ihre Arbeitsunfähigkeit erst am 19.10.2015 unterrichtet zu haben.

Am 09.11.2015 und 10.11.2015 blieb die Klägerin erneut den ihr zugewiesenen Schichten (Frühschichten von 05:50 Uhr bis 14:00Uhr) fern.

Im Weiteren hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 11.11.2015 (Bl. 60 - 64 d. A.) zur beabsichtigten ordentliche Kündigung der Klägerin an und kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Weitern mit Schreiben vom 17.11.2015 (Bl. 22 d. A.) ordentlich zum 31.12.2015.

Mit der am 25.11.2015 beim Arbeitsgericht Erfurt eingegangenen Klage wandte sich die Klägerin sowohl gegen diese Kündigung, als auch gegen die Abmahnung vom 23.10.2015.

Die Klägerin begründete ihre Klage erstinstanzlich damit, dass die Abmahnung ungerechtfertigt sei. Am 18.10.2015 habe sie ihre Teamleiterin nicht persönlich über Ihre Erkrankung informiert, da diese nicht zugegen gewesen sei. Vielmehr habe sie am 18.10.2015 gegen 22 Uhr ihre Kollegin ..... in Kenntnis gesetzt, dass sie nicht zum Dienst erscheinen könne, und sich so bei der Beklagten vorschriftsmäßig abgemeldet. Am 09.11.2015 sowie am 10.11.2015 habe sie sich vorschriftsmäßig bei ihrer Teamleiterin abgemeldet. Sie habe die Teamleiterin gegen 06:05 Uhr angerufen und mitgeteilt, dass sie aufgrund von Schlafstörungen, welche mit dem ständigen Schichtdienst einhergehen, nicht zum Dienst...

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