Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen wiederholten unentschuldigten Fernbleibens

 

Leitsatz (redaktionell)

Wiederholte, gleichartige Pflichtverletzungen in Form von verspäteten Arbeitsantritten und/oder Verstößen gegen die Anzeigepflicht bei bestehender Arbeitsunfähigkeit können nach einschlägigen vorherigen Abmahnungen eine verhaltensbedingte Kündigung begründen, weil in einem solchen Arbeitnehmerverhalten eine spezifische Unzuverlässigkeit zum Ausdruck kommt, die es wegen der damit verbundenen betrieblichen Folgen für den Arbeitgeber unzumutbar macht, am Arbeitsverhältnis festzuhalten.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Entscheidung vom 03.09.2012; Aktenzeichen 3 Ca 319/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 03.09.2012 - 3 Ca 319/12 - wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Abänderung beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis auch nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17.02.2012 aufgelöst worden ist.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten (noch) um die Wirksamkeit einer zum 31.03.2012 erklärten ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung vom 17.02.2012, nachdem eine außerordentliche Kündigung vom 15.03.2012 rechtskräftig für unwirksam und eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 15.03.2012 übereinstimmend für gegenstandslos erklärt wurden.

Der 1984 geborene, ledige Kläger trat nach einer ersten Tätigkeit vom 18.05. bis zum 15.09.2009 mit Wirkung ab 09.11.2010 erneut als Produktionsmitarbeiter zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt 1.936,93 € in die Dienste der Beklagten. Diese produziert Wellpappe für Verpackungen und Displays und beschäftigt ca. 210 Arbeitnehmer.

Mit Schreiben vom 07.04.2011 erhielt der Kläger eine Abmahnung, in der es auszugsweise wie folgt heißt:

...

leider mussten wir feststellen, dass bei Ihnen permanent Fehlzeiten auftreten. Am 12.01.2011 und am 26.02.2011 sind Sie an beiden Tagen nicht zu Ihrer Frühschicht um 6:00 Uhr erschienen. Sie hatten sich nicht abgemeldet und wir erhielten erst später am Tag den Grund Ihres Nichterscheinens.

Desweiteren sind Sie am Freitag, 18.03.2011, erst um 7:00 Uhr statt um 6.00 Uhr zu Ihrer Frühschicht erschienen. Am Donnerstag, den 07.04.2011, hätten Sie auch um 6:00 Uhr an Ihrem Arbeitsplatz sein müssen, haben aber erst um 6:22 Uhr angestempelt und somit waren Sie zum wiederholten Mal zu spät an Ihrem Arbeitsplatz.

Unter dem 27.10.2011 erhielt der Kläger ein zweites Abmahnschreiben, in dem unter anderem Folgendes ausgeführt wird:

...

Am Sonntag, 23.10.2011, waren Sie für die Nachtschicht eingeteilt, doch wir mussten leider feststellen, dass Sie unentschuldigt von Ihrem Arbeitsplatz ferngeblieben sind. Durch dieses Fehlverhalten ihrerseits, konnten wir nicht rechtzeitig reagieren und einen Ersatz für Sie finden...

Am 16.02.2012 trat der Kläger nicht pünktlich um 6.00 Uhr seine Frühschicht an. Um wie viel Minuten er aus welchen Gründen zu spät kam, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 17.02.2012, zugegangen am Folgetag, sprach die Beklagte dem Kläger die ordentliche Kündigung zum 31.03.2012 aus (Bl. 5 der Akten).

Gegen deren Wirksamkeit wendet sich der Kläger im vorliegenden Verfahren.

Er hat klargestellt, am 12.01.2011 erst im Laufe des Vormittags über die bestehende Arbeitsunfähigkeit Mitteilung gemacht zu haben.

Wenn er am 26.02.2011 ab 6.00 Uhr zur Zusatzschicht eingeteilt gewesen sein sollte, was bestritten werde, habe man ihm dies von Seiten der Beklagten jedenfalls nicht rechtzeitig mitgeteilt.

Was die Schicht am 23.10.2011 angehe, habe der zuständige Vertreter der Beklagten, N, sich damit einverstanden erklärt, den durch den Besuch eines Bundesliga-Fußballspiels bedingten Ausfall zu kompensieren.

Am 16.02.2012 sei er nur wenige Minuten zu spät gekommen, bedingt durch die Witterungsverhältnisse mit Glätte durch überfrierende Nässe oder Schneeregen.

Soweit hier noch von Interesse, hat der Kläger beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 17.02.2012 aufgelöst wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, am 26.02.2011 sei der Kläger für eine Zusatzschicht eingeteilt gewesen. Erst im Laufe des Tages um 12.00 Uhr habe er sich gemeldet und erklärt, er habe verschlafen.

Am 23.10.2011 sei der Kläger nicht zur regulären Nachtschicht erschienen, ohne dass es Absprachen namentlich mit dem dafür auch gar nicht zuständigen Mitarbeiter N gegeben habe.

Am 16.02.2012 habe er sich erneut um 15 Minuten verspätet. Die Witterung sei normal und trocken gewesen, so dass alle anderen Arbeitnehmer pünktlich zu Schichtbeginn im Betrieb gewesen wären.

Das Arbeitsgeri...

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