Entscheidungsstichwort (Thema)
Solo-Hornist. Widerruf einer Tätigkeit als Solo-Hornist. Überprüfung eines Widerrufs
Leitsatz (redaktionell)
Die Grundsätze billigen Ermessens müssen bei einem Widerruf der Tätigkeit als Solo-Hornist selbst dann beachtet werden, wenn der Widerruf tarifvertraglich erlaubt ist.
Normenkette
BGB §§ 611, 242, 315; Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern vom 01.07.1971 § 26
Verfahrensgang
ArbG Gera (Urteil vom 18.12.2002; Aktenzeichen 7 Ca 2584/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 18.12.2002 – Az.: 7 Ca 2584/01 – wird abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger weiter vertragsgemäß als Solo-Hornisten zu beschäftigten.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte gemäß § 1 Abs. 5 d des am 30.06.2000 abgeschlossenen Haustarifvertrages berechtigt gewesen ist, dem Kläger die ihm bislang übertragene Tätigkeit als Solo-Hornist widerrufen zu können.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivortrages, der gestellten Anträge und der gerichtlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Gera vom 18.12.2002 (Bl. 59 – 60 d. A.) gem. § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage aus den in den Entscheidungsgründen (Bl. 60 – 62 d. A.) im einzelnen ersichtlichen Gründen abgewiesen und die Auffassung vertreten, der Haustarifvertrag vom 30.06.2000 verstoße nicht gegen die Bestimmung des § 53 TVK. Der Widerruf sei nicht rechtsmissbräuchlich bzw. willkürlich erfolgt. Der Kläger habe keine Umstände vorgetragen, die darauf schließen ließen, dass der Generalintendant das ihm eingeräumte Gestaltungsrecht missbraucht habe; er sei insoweit der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen
Gegen dieses dem Kläger am 20.12.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16.01.2003, der am 20.01.2003 beim Berufungsgericht einging, Berufung eingelegt und diese mit dem am 06.03.2003 eingegangenen Telefax vom selben Tag begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.03.2003 verlängert worden war.
Der Kläger setzt sich unter Wiederholung seiner erstinstanzlichen Argumentation mit der vom Arbeitsgericht vertretenen Rechtsauffassung auseinander und vertritt nach wie vor die Auffassung, der Widerruf der ihm übertragenen Tätigkeit als Solo-Hornist könne keinesfalls in das freie Ermessen der Beklagten gestellt werden. Es hätten keinerlei sachliche und gerechtfertigte Gründe für den Widerruf der Tätigkeit als Solo-Hornist vorgelegen.
Der Kläger beantragt:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 18.12.2002, Az.: 7 Ca 2584/01 wird abgeändert.
Es wird nach dem Schlussantrag der I. Instanz erkannt, den Kläger weiter vertragsgemäß als Solo-Hornisten zu beschäftigen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragt,
- die Berufung zurückzuweisen.
- dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Sie verteidigt die Auffassung des Arbeitsgerichts unter Eingehens auf den Berufungsvortrag und unter Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Argumentation. Sie ist zum einen der Ansicht, durch die Formulierung, wonach der Widerruf jederzeit erfolgen könne, sei sie berechtigt, die Widerrufsentscheidung „nach freiem Belieben” vorzunehmen. Im übrigen habe sie den Rahmen des billigen Ermessens nicht überschritten, wofür im übrigen der Kläger beweispflichtig wäre. Es sollte verhindert werden, dass auf allen aufgrund der Zusammenführung der Orchester doppelt besetzten Musikerstellen Auseinandersetzungen geführt werden, welcher Musiker besser für die in der neuen Struktur nur noch zur Verfügung stehenden Stelle geeignet sei. Es wäre jedoch tatsächlich unmöglich gewesen, objektivierbare und damit gerichtsverwertbar nachweisbare Leistungsunterschiede der einzelnen Musiker festzustellen. Von daher war eine rein künstlerische Entscheidung zu fällen, die auf der künstlerischen Einschätzung des Orchesterleiters beruhte. In der Horngruppe sei die Wahl hinsichtlich der Besetzung der Soloposition auf Herrn T. gefallen, da dieser für das Führen der Stimmgruppe persönlich besser geeignet war und auch seine musikalischen Fähigkeiten höher eingeschätzt wurden als die des Klägers.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige Berufung des Klägers ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) und damit insgesamt zulässig.
II.
In der Sache ist die Berufung begründet. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war daher abzuändern und der Klage stattzugeben.
Nach Auffassung der Kammer ist der seitens der Beklagten erfolgte Widerruf der Tätigkeit als Solo-Hornist unw...