Entscheidungsstichwort (Thema)
Solo-Pauker. Widerruf einer Tätigkeit als Solo-Pauker. Überprüfung eines Widerrufs
Leitsatz (redaktionell)
Die Grundsätze billigen Ermessens müssen bei einem Widerruf der Tätigkeit als Solo-Pauker selbst dann beachtet werden, wenn der Widerruf tarifvertraglich erlaubt ist.
Normenkette
BGB §§ 611, 242, 315; Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern vom 01.07.1971 § 26
Verfahrensgang
ArbG Gera (Urteil vom 18.02.2002; Aktenzeichen 7 Ca 2583/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 18.12.2002 – Az.: 7 Ca 2583/01 – wird abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger vertragsgemäß als Solo-Pauker zu beschäftigten.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.098,68 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte gemäß § 1 Abs. 5 d des am 30.06.2000 abgeschlossenen Haustarifvertrages berechtigt gewesen ist, dem Kläger die ihm bislang übertragene Tätigkeit als Solo-Pauker widerrufen zu können.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivortrages, der gestellten Anträge und der gerichtlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Gera vom 18.12.2002 (Bl. 66 – 67 d. A.) gem. § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage aus den in den Entscheidungsgründen (Bl. 67 – 70 d. A.) im einzelnen ersichtlichen Gründen abgewiesen und die Auffassung vertreten, der Haustarifvertrag vom 30.06.2000 verstoße nicht gegen die Bestimmung des § 53 TVK. Die wirtschaftlichen Gründe für dessen Abschluss seien offenkundig, die künstlerischen Gründe lägen auf der Hand. Auch seien keine Tatsachen vorgetragen worden, die den Schluss rechtfertigen würden, dass sich die Tarifvertragsparteien bewusst über die Regelungen des TVK hinweggesetzt hätten. Der Widerruf sei auch nicht rechtsmissbräuchlich bzw. willkürlich erfolgt. Der Kläger habe keine Umstände vorgetragen, die darauf schließen ließen, dass der Generalintendant das ihm eingeräumte Gestaltungsrecht missbraucht habe; er sei insoweit der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen
Gegen dieses dem Kläger am 27.12.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Telefax vom 23.01.2003, das am selben Tag beim Berufungsgericht einging, Berufung eingelegt und diese mit dem am 24.02.2003 eingegangenen Schriftsatz vom 19.02.2003 begründet.
Der Kläger setzt sich unter Wiederholung seiner erstinstanzlichen Argumentation mit der vom Arbeitsgericht vertretenen Rechtsauffassung auseinander und vertritt nach wie vor die Auffassung, dass der Haustarifvertrag in einer Art und Weise in bestehende Arbeitsverhältnisse eingreife, die sein Vertrauen auf den Bestand erworbener Rechte verletze. Er meint, der Widerruf der ihm übertragenen Tätigkeit als Solo-Pauker könne keinesfalls in das freie Ermessen der Beklagten gestellt werden, auch sei entgegen der Annahme des Arbeitsgerichtes nicht er sondern die Beklagte beweispflichtig dafür, dass die Ausübung des Direktionsrechts dem billigen Ermessen entspricht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Gera vom 18.12.2002, Az.: 7 Ca 2583/01 abzuändern und nach den klägerischen Schlussanträgen I. Instanz zu entscheiden,
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger vertragsgemäß als Solo-Pauker zu beschäftigen,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.148,84 DM (1.098,68 EUR) brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
- die Berufung zurückzuweisen.
- dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Sie verteidigt die Auffassung des Arbeitsgerichts unter Eingehens auf den Berufungsvortrag und unter Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Argumentation. Sie ist zum einen der Ansicht, durch die Formulierung, wonach der Widerruf jederzeit erfolgen könne, sei sie berechtigt, die Widerrufsentscheidung „nach freiem Belieben” vorzunehmen. Im übrigen habe sie den Rahmen des billigen Ermessens nicht überschritten, wofür im übrigen der Kläger beweispflichtig wäre. Es sollte verhindert werden, dass auf allen aufgrund der Zusammenführung der Orchester doppelt besetzten Musikerstellen Auseinandersetzungen geführt werden, welcher Musiker besser für die in der neuen Struktur nur noch zur Verfügung stehenden Stelle geeignet sei. Es wäre jedoch tatsächlich unmöglich gewesen, objektivierbare und damit gerichtsverwertbar nachweisbare Leistungsunterschiede der einzelnen Musiker festzustellen. Von daher war eine rein künstlerische Entscheidung zu fällen, die auf der künstlerischen Einschätzung des Orchesterleiters beruhte. In der Gruppe der Pauken bzw. Schlagwerke sei die Wahl hinsichtlich der Besetzung der Soloposition auf Herrn M. gefallen, da dieser für das Führen der Stimmgruppe persön...