Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung bei Betriebsübergang

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Abgeltung des Urlaubs- bzw. Teilurlaubsanspruchs, im Falle des Betriebsübergangs ist unzulässig.

2. Macht der Arbeitnehmer im Falle der unwirksamen Urlaubsabgeltung seinen entsprechenden Freizeitanspruch gegenüber dem Betriebserwerber geltend, kann ihm nur ausnahmsweise der Einwand des Rechtsmissbrauches entgegen gehalten werden.

 

Normenkette

BUrlG § 7; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Gotha (Urteil vom 10.12.1997; Aktenzeichen 1 Ca 797/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gotha vom 10.12.1997, 1 Ca 797/97, abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen eines Musterprozesses um die Zahlung von Schadensersatz wegen der Nichtgewährung von vier Urlaubstagen aus dem Urlaubsjahr 1996.

Der Kläger war bei der Firma C. V. GmbH R. seit 1973 als Schweißer im Bereich Apparatebau beschäftigt.

Mit Wirkung vom 01.05.1996 ging dieser abtrennbare Betriebsteil im Rahmen eines Verkaufs auf die Beklagte gem. § 613 a BGB über; der Kläger ist bei der Beklagten im gleichen Bereich und in der gleichen Funktion weiterbeschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis mit der Vorgängerfirma wie auch auf das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten war bzw. ist kraft beiderseitiger Tarifbindung der Gemeinsame Manteltarifvertrag für Arbeiter und Angestellte in der Metall- und Elektroindustrie des Landes Thüringen vom 08.03.1991 (künftig: Manteltarifvertrag) anwendbar.

Nach § 16 Ziff. 1 dieses Tarifvertrages hatte der Kläger für das Urlaubsjahr 1996 einen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen.

Von diesen 30 Urlaubstagen nahm der Kläger in der Zeit von Januar bis April 1996 zwei Tage in Freizeit; vier weitere Tage wurden von der Vorgängerfirma entsprechend einer Vereinbarung mit der Beklagten mit der Abrechnung für April 1996 (vgl. 64 d. A.) in Höhe von DM 1.017,04 abgegolten.

Auch gegenüber den anderen ca. 40 Arbeitnehmern aus dem Bereich Apparatebau fand eine Abgeltung von einigen Urlaubstagen im April 1996 statt. Vorher waren nach der Behauptung der Beklagten auf mehreren Belegschaftsveranstaltungen die Konditionen des Betriebsübergangs allen Mitarbeitern erläutert worden; Gespräche gleichen Inhalts fanden auch mit dem Betriebsrat der Vorgängerfirma statt.

Von den Resturlaubstagen aus dem Jahr 1996 nahm der Kläger 13 Tage im Zeitraum 15.07. bis 31.07.1996, zwei Tage am 01. und 02.08.1996, einen Tag am 11.10.1996, sieben Tage im Zeitraum 23.12.1996 bis 03.01.1997 (Betriebsferien) und einen Tag am 19.02.1997.

Mit Schreiben vom 27.12.1996, das der Beklagten wegen der Betriebsferien erst nach dem 03.01.1997 zuging, machte die zuständige Gewerkschaft, die IG-Metall, auf der Grundlage allgemein gehaltener Vollmachten der Mitglieder die restlichen Urlaubsansprüche „zur Übertragung auf das Jahr 1997 und zu deren Gewährung in dessen ersten Quartal” geltend; für den Kläger wurde der Resturlaubsanspruch mit sechs Tagen beziffert.

Mit Schreiben vom 31.01.1997 lehnte die Beklagte eine Übertragung noch offenen Urlaubs insoweit ab, als ihrer Meinung nach bereits „eine Abgeltung” durch die Vorgängerfirma erfolgt sei.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Zahlung von Schadensersatz nach § 823 BGB wegen der nicht gewährten vier Urlaubstage in der nicht streitigen Höhe der Klageforderung und vertritt die Auffassung, dass die teilweise Abgeltung des Urlaubs während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses unwirksam gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz wegen nicht gewährtem Urlaub in Höhe von DM 1.017,04 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Gotha hat der Klage mit Urteil vom 10.12.1997 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe gem. §§ 249, 280 Abs. 1, 284 Abs. 1, 287 Abs. 2 BGB einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, weil die Beklagte wegen der Nichtgewährung der streitigen Urlaubstage in Verzug geraten sei. Denn sie sei verpflichtet gewesen, die in Frage stehenden Urlaubstage noch zu gewähren, weil die Abgeltung durch die Vorgängerfirma gem. § 7 Abs. 4 BUrlG im Rahmen des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses unwirksam gewesen sei. Die Forderung des Klägers sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, weil dies voraussetzen würde, dass er die „Urlaubsabgeltung” in irgendeiner Weise gefordert, unterstützt oder zumindest begrüßt haben müsste. Hierfür fehle es aber an jeglichem Anhaltspunkt.

Gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 22.01.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 19.02.1998, der am 20.02.1998 beim Berufungsgericht einging, Berufung eingelegt und die Berufung mit dem am 17.03.1998 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.03.1998 begründet.

Die Beklagte vertritt ...

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