Verfahrensgang
ArbG Suhl (Urteil vom 25.06.1993; Aktenzeichen 3 (1) Ca 8656/91) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 25.06.1993 – 3 (1) Ca 8656/91 – abgeändert.
Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien ab dem 01.01.1992 ein Arbeitsverhältnis besteht.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als Regisseurin/Redakteurin weiterzubeschäftigen.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit diese nicht im Umfang der Klagerücknahme und der Berufungsrücknahme der Klägerin aufzuerlegen sind.
Daraus folgt:
Von den Gerichtskosten der 1. und 2. Instanz hat der Beklagte 9/16 zu tragen. Im übrigen hat die Klägerin die Gerichtskosten zu tragen, soweit ihr diese nicht bereits auferlegt worden sind.
Von den außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte 6/8 der Kosten der Klägerin und diese 1/8 der Kosten des Beklagten zu tragen. Im übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die 43jährige Klägerin war seit 01.09.1973 bis zum Inkrafttreten des Einigungsvertrages bei dem Rundfunk der DDR … und danach bei der Beklagten zu 1., der Einrichtung gemäß Art. 36 EV in Suhl als Regisseurin/Redakteurin mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.865,00 DM beschäftigt.
Mit Schreiben vom 29.09.1991, am 31.10.1991 gegen 15.00 Uhr in den Briefkasten der Klägerin geworfen, hat der Rundfunkbeauftragte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.1991, vorsorglich zum nächstzulässigen Termin gekündigt.
Die Einrichtung gemäß Art. 36 EV hat neben der Klägerin sämtlichen „festangestellten Mitarbeitern” zum 31.12.1991 gekündigt (vgl. Mitteilung an den Personalrat des Landessenders … vom 18.09.1991 Bl. 43 d.A.). Zum Mitwirkungsverfahren des Personalrats wird auf die Mitteilung der Einrichtung gemäß Art. 36 vom 18.09.1991 (a. a. O.) und auf die Stellungnahme des Personalrats vom 28.09.1991 (Bl. 6–10 d. A.) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 12.11.1991 hat die Klägerin Kündigungsschutzklage gegen die Einrichtung gemäß Art. 36 EV (frühere Beklagte zu 1.) erhoben und mit Klageerweiterung vom 29.11.1992, beim Kreisgericht am 03.12.1992 eingegangen, die Klage auf den Beklagten (frühere Beklagte zu 2.) erweitert.
Der Beklagte ist durch Staatsvertrag vom 30.05.1991 (GVBl. des Landes Thüringen, S. 119) zwischen den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen errichtet worden. Das Land Thüringen hat dem Staatsvertrag durch Gesetz vom 25.06.1991 (GVBl. S. 118) zugestimmt.
Das Thüringer Gesetz über den Übergang von Rundfunkvermögen auf den M. unk (M.) vom 18.12.1991 (GVBl. S. 665) hat folgenden Wortlaut:
§ 1 Der nach Artikel 36 Abs. 6 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands Einigungsvertrag – vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 – Einigungsvertragsgesetz – (BGBl. II Seite 885) dem Land Thüringen zustehende Anteil an dem Aktiv- und Passivvermögen der in Artikel 36 Absatz 1 Satz 1 des Einigungsvertrages genannten Einrichtung, geht. einschließlich des Anteils an der Studiotechnik, kraft Gesetzes vom Land Thüringen auf den M. …funk über, sobald das Land Thüringen über diesen Anteil verfügen kann. Davon ausgenommen sind die Anteile an den in Artikel 36 Absatz 1 Satz 3 des Einigungsvertrages genannten Liegenschaften sowie die sich eventuell aus arbeitsgerichtlichen Verfahren ergebenden anteilsmäßigen Verpflichtungen.
§ 2 Dieses Gesetz tritt am 01.01.1992 in Kraft.
Art. 36 Abs. 6 EV lautet:
Innerhalb des in Absatz 1 genannten Zeitraums ist die Einrichtung nach Maßgabe der förderalen Struktur des Rundfunks durch gemeinsamen Staatsvertrag der in Artikel 1 genannten Länder aufzulösen oder in Anstalten des öffentlichen Rechts einzelner oder mehrerer Länder überzuführen. Kommt ein Staatsvertrag nach Satz 1 bis zum 31. Dezember 1991 nicht zustande, so ist die Einrichtung mit Ablauf dieser Frist aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt bestehendes Aktiv- und Passivvermögen geht auf die in Artikel 1 genannten Länder in Anteilen über. Die Höhe der Anteile bemißt sich nach dem Verhältnis des Rundfunkgebührenaufkommens nach dem Stand vom 30. Juni 1991 in dem in Artikel 3 genannten Gebiet. Die Pflicht der Länder zur Fortführung der Rundfunkversorgung in dem in Artikel 3 genannten Gebiet bleibt hiervon unberührt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei in die Rechte und Pflichten aus dem mit der Einrichtung gem. Art. 36 EV bestehenden Arbeitsverhältnis eingetreten.
Der Beklagte habe den Betrieb einer Einrichtung gem. Art. 36 EV ab 01.01.1992 übernommen und fortgeführt. Lediglich die Einrichtung als Rechtsform sei mit dem 31.12.1991 aufgelöst worden. Ihre betrieblichen Mittel seien jedoch auf den Beklagten übertragen wor...