Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. keine Zulassung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid bei behebbaren Verfahrensmängeln
Leitsatz (amtlich)
Die Zulassung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid kommt nicht in Betracht, wenn allein behebbare Verfahrensmängel gerügt werden. In solchen Fällen ist das Sozialgericht das sachnähere Gericht und der Antrag auf mündliche Verhandlung der richtige Rechtsbehelf, um die behaupteten Verfahrensfehler zu beheben. Dies gilt auch für Verfahrensrügen, die sich gegen die Richtigkeit der festgestellten Tatsachen richten (Anschluss BVerwG vom 17.7.2003 - 7 B 62/03 = Buchholz 310 § 135 VwGO Nr 4).
Tenor
1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 19. September 2013 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft.
Mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt (§ 105 Abs. 2 SGG) und das Rechtsmittel der Berufung ist nicht gegeben. Das Sozialgericht (SG) hat die Berufung nicht zugelassen und der gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG maßgebliche Beschwerdewert von 750 Euro wird mit der geforderten Übernahme einer Betriebskostennachzahlung in Höhe von 166,96 Euro nicht erreicht. Die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 105 Abs. 2 S. 1 SGG) ist durch den Eingang der Beschwerdeschrift beim Landessozialgericht am 27. September 2013 gewahrt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist indes unbegründet.
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund gem. § 144 Abs. 2 SGG vorliegt. Ein Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG), des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) oder eine kausale Abweichung des Gerichtsbescheids von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe oder des Bundesverfassungsgerichts (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) wird von den Klägern nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG, wonach die Berufung zuzulassen ist, wenn der Beschwerdeführer einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel geltend macht und ein solcher vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde, da sich die Kläger nicht gegen ein Urteil, sondern einen Gerichtsbescheid wenden. In einem solchen Fall können die behaupteten Verstöße gegen das Recht auf faires Verfahren und rechtliches Gehör sowie das Übergehen von Beweisen - selbst wenn sie vorliegen sollten - nicht erfolgreich mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden. Bei diesen Verstößen handelt es sich um behebbare Verfahrensmängel, für die das SG das sachnähere Gericht ist. Im Falle eines Gerichtsbescheids ist der Antrag auf mündliche Verhandlung der richtige Rechtsbehelf, um die behaupteten Verfahrensfehler zu beheben. (BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - 7 B 62/03 -, juris; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 145 Rn. 3c). Dies gilt auch für Verfahrensrügen, die sich gegen die Richtigkeit der festgestellten Tatsachen richten (BVerwG ebd.; Leitherer ebd.). Bzgl. der behaupteten Fehler des Tatbestands wäre unabhängig davon selbst bei einer Entscheidung des SG durch Urteil der Antrag auf Tatbestandsberichtigung gem. § 139 SGG gegenüber der Nichtzulassungsbeschwerde vorrangiger Rechtsbehelf (Keller, a.a.O., § 139 Rn. 6 m.w.N.; für das Revisionsverfahren: BVerwG, Beschluss vom 09. September 2009 - 4 BN 4/09, juris). Umstände, die die Kläger an einer Beantragung der mündlichen Verhandlung bzw. eines Antrags auf Tatbestandsberichtigung gehindert haben könnten, sind weder dargetan noch ersichtlich.
Soweit die Kläger einen Verstoß gegen § 124 Abs. 2 SGG rügen, handelt es sich in der Regel zugleich um eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (BSG, Beschluss vom 12. April 2005 - B 2 U 135/04 B, juris), die aus den vorgenannten Gründen nicht erfolgreich mit einer Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen werden kann. Ungeachtet dessen liegt ein Verstoß gegen § 124 Abs. 2 SGG nicht vor. Das SG hat entgegen der Behauptung der Kläger nicht beabsichtigt, gem. § 124 Abs. 2 SGG zu verfahren und dazu auch nicht angehört. Das Gericht hörte die Beteiligten vielmehr mit Verfügung vom 9. September 2013 zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gem. § 105 SGG an. Eine Zustimmung der Beteiligten ist im Rahmen des § 105 SGG nicht erfo...