Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Zustandsgutachten zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit in Rentenrechtsstreit. Abgrenzung der Honorargruppen M 2 und M 3. Anforderung zusätzlicher Unterlagen. zusätzliche Facharztanerkennung oder Titel
Leitsatz (amtlich)
Die Honorargruppe M 3 kann nicht mit der Anforderung zusätzlicher Unterlagen oder mit zusätzlichen Facharztanerkennungen oder Titeln (hier: Professorentitel) begründet werden.
Normenkette
JVEG § 4 Abs. 1 S. 1, § 8 Abs. 1-2, § 9 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Vergütung für das Gutachten des Erinnerungsführers vom 30. Mai 2013 wird auf 2.290,17 Euro festgesetzt.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
In dem Berufungsverfahren U. L../. Deutsche Rentenversicherung … (L 12 R 18/13) beauftragte der Berichterstatter des 12. Senats des Thüringer Landessozialgerichts mit Beweisanordnung vom 24. März 2013 den Erinnerungsführer, Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sportmedizin mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung. Übersandt wurden ihm die Gerichtsakte (178 Blatt) und zwei Bände Verwaltungsakten (einschließlich häufiger Doppelheftungen Verwaltungsakte 239 Blatt, medizinische Beiakte - teilweise unblattiert - 259 Blatt). Der Erinnerungsführer zog weitere Unterlagen bei (10 Blatt medizinische Unterlagen) und fertigte unter dem 30. Mai 2013 sein Gutachten aufgrund einer ambulanten Untersuchung auf insgesamt 38 Blatt. In seiner am 11. Juni 2013 eingegangenen Honorarabrechnung machte er insgesamt 3.064,29 Euro geltend (26 Stunden Zeitaufwand x 85,00 Euro, besondere Leistungen, 282,86 Euro, Schreibauslagen 72,17 Euro, Porto 10,00 Euro). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 11 bis 12 des Kostenhefts verwiesen. Mit Verfügung vom 26. Juni 2013 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die Vergütung auf 2.216,87 Euro und berücksichtigte u.a. einen notwendigen Zeitaufwand von 25 Stunden und einen Stundensatz von 60,00 Euro (M2).
Am 16. Juli 2013 hat sich der Erinnerungsführer gegen die Festsetzung gewandt und einen Stundensatz von 85 Euro (M3) beantragt. Dies begründe sich aus der Auseinandersetzung mit den vielen Vorgutachten, den 11 Entlassungsberichten, der Anforderung zusätzlicher Befunde bei der behandelnden Psychiaterin und des letzten MRT-Befundes, der literaturgestützten Auseinandersetzung mit einem psychiatrischen Gutachten, seiner doppelten Facharztanerkennung und seinen ständigen Fortbildungen. Tatsächlich hätte er für das Aktenstudium 10 Stunden ansetzen können.
Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,
die Vergütung für das Gutachten vom 30. Mai 2013 auf 3.064,29 Euro festzusetzen.
Der Erinnerungsgegner hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
Die UdG hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 26. September 2013) und sie dem erkennenden Senat vorgelegt.
II.
Nach § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG erfolgt die Festsetzung der Vergütung durch gerichtlichen Beschluss, wenn - wie hier - der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen erachtet. Zuständig ist das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG). Der Erinnerungsführer ist Berechtigter im Sinne dieser Vorschrift. Bei der Erinnerungsentscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen werden (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse vom 1. Dezember 2011 - L 6 SF 1617/11 E, 8. September 2009 - L 6 SF 49/08, 4. April 2005 - L 6 SF 83/05 in MedSach 2005, 137 ff., Bayerischer Verwaltungsgerichtshof ≪VGH≫, Beschluss vom 10. Oktober 2005 - 1 B 97.1352, nach juris). Der Senat ist nicht an die Höhe der Einzelansätze, Stundenansätze oder die Gesamthöhe der Vergütung oder die Anträge der Beteiligten gebunden; er kann die Vergütung nur nicht höher festsetzen als vom Erinnerungsführer beantragt. Nachdem die Erinnerung kein Rechtsbehelf ist, gilt das Verschlechterungsverbot (sog. "reformatio in peius") bei der erstmaligen richterlichen Festsetzung nicht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. September 2009 - L 6 SF 49/08, 13. April 2005 - L 6 SF 2/05, 16. September 2002 - L 6 B 51/01 SF; Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, 26. Auflage 2014, § 4 Rdnr. 3).
Nach § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung
1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG),
2. Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG),
3. Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie
4. Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG).
Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es nach § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten ge-währt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn mehr als 30 Minuten für die Erbringung der...