Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr. vorangegangene Tätigkeit im Widerspruchsverfahren. keine analoge Anwendung des § 15a RVG. Rahmengebühr gem § 14 RVG
Leitsatz (amtlich)
1. § 15a RVG ist auf das Verhältnis der Gebührentatbestände Nr 3102 VV-RVG (juris: RVG-VV) und Nr 3103 VV-RVG weder direkt noch analog anwendbar (vgl LSG Erfurt vom 14.12.2012 - L 6 SF 1587/12 B und 4.3.2011 - L 6 SF 184/11 B = RVGreport 2011, 374; LSG Essen vom 22.8.2011 - L 19 AS 634/10 B).
2. Die Festsetzung der Rahmengebühren muss nach den Kriterien des § 14 RVG immer im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände erfolgen; damit darf keine Gebühr - auch nicht die Gebühr für eine Untätigkeitsklage - als Pauschalgebühr festgesetzt werden.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 28. November 2012 wird zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nordhausen streitig (Az.: S 12 6846/10). Dort begehrten die von dem Beschwerdeführer vertretenen Kläger für den Zeitraum Mai bis Oktober 2010 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und wandten sich gegen die Nichtanwendung der Rundungsvorschrift, die Berechnung der Kosten der Unterkunft und die Nichtübernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens. Mit Beschluss vom 29. April 2011 bewilligte das Sozialgericht den Klägern Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung. In der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2011 verhandelte das Sozialgericht in der Zeit von 10:05 bis 12:40 Uhr zwei Verfahren der Kläger. Nach der Niederschrift erklärte der Beschwerdeführer, dass die Beklagte diesen zwischenzeitlich für den streitgegenständlichen Zeitraum 6,42 Euro nachgezahlt habe; er erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
In seiner Kostenrechnung vom 25. März 2011 machte der Beschwerdeführer für dieses Verfahren Gebühren " von insgesamt 1.057,95 Euro geltend:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG |
250,00 Euro |
Erhöhung nach Nr. 1008 VV-RVG |
225,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG |
200,00 Euro |
Erledigungsgebühr Nr. 1005, 1006 VV-RVG |
190,00 Euro |
Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld |
4,04 Euro |
Post- und Telekommunikation |
20,00 Euro |
Zwischensumme |
889,04 Euro |
Mehrwertsteuer |
168,91 Euro |
Gesamtbetrag |
1.057,95 Euro |
Unter dem 3. Februar 2012 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die Zahlung von 285,47 Euro an und führte u.a. zur Begründung aus, die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG sei angesichts der weit unterdurchschnittlichen Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in Höhe der doppelten Mindestgebühr der Nr. 3103 VV-RVG (40,00 Euro), die Terminsgebühr in Höhe der vierfachen Mindestgebühr (80,00 Euro) und die Erledigungsgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr (60,00 Euro) festzusetzen. Mit seiner Erinnerung hat der Beschwerdeführer u.a. vorgetragen, einschlägig sei § 15a RVG, wonach eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG in beantragter Höhe anzusetzen sei. Der Umfang seiner anwaltlichen Tätigkeit sei zumindest durchschnittlich gewesen; Gleiches gelte für deren Schwierigkeit. Nach der Rechtsprechung des Thüringer LSG sei bei einer Verhandlungsdauer von 30 Minuten von einer zumindest durchschnittlichen Angelegenheit auszugehen. Angesichts der Verhandlungszeit von über 2,5 Stunden für zwei Verfahren sei mindestens von einer Mittelgebühr auszugehen.
Mit Beschluss vom 28. November 2012 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, angesichts der geringen Bedeutung der Streitsache (6,42 Euro bei insgesamt 2.626,00 Euro Grundsicherungsleistungen im streitgegenständlichen Zeitraum), des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger und des geringen Haftungsrisikos seit von einem unterdurchschnittlichen Streitverfahren auszugehen. Hinsichtlich der übrigen Gebühren werde auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr verwiesen. Die Entscheidung sei nach § 197 Abs. 2 SGG unanfechtbar.
Gegen den am 6. Dezember 2012 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 20. Dezember 2012 Beschwerde eingelegt und u.a. ausgeführt, mehrere Sozialgerichte setzten für die einfachste Angelegenheit der Untätigkeitsklage bereits 85,00 Euro an. Die Komplexität einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage werde durch die Verfahrensgebühr in keiner Weise Rechnung getragen. Einschlägig sei zudem § 15a RVG. Hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit, Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und Schwierigkeit sowie die Terminsgebühr hat er seine Argumente im Erinnerungsverfahren wiederholt. Zudem betrage die Entfernung Mühlhausen - Nordhausen nach dem Routenplaner Map24 nicht 49 sondern 52 Kilometer.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 28. November 2012 aufzuheben und die Vergütung auf 1.057,95 E...