Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr. vorangegangene Tätigkeit im Widerspruchsverfahren. keine analoge Anwendung des § 15a RVG
Orientierungssatz
§ 15a RVG ist auf das Verhältnis der Gebührentatbestände Nr 3102 RVG-VV und Nr 3103 RVG-VV weder direkt noch analog anwendbar. Bei dem geminderten Gebührenrahmen der Nr 3103 RVG-VV wegen Vorbefassung im Widerspruchsverfahren handelt es sich nicht um die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr, sondern um einen Sondergebührentatbestand. Eine analoge Anwendung der Vorschrift scheidet mangels Regelungslücke aus.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 13. September 2012 wird zurückgewiesen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nordhausen streitig (Az.: S 23 AS 2892/10). Dort wandte sich der von dem Beschwerdeführer vertretene Kläger gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid mit der Begründung, es sei nicht ersichtlich, wie sich die Forderung berechne. Im Erörterungstermin am 28. Januar 2011, der insgesamt 25 Minuten dauerte, gewährte ihm die Kammer Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Beschwerdeführer bei. In der Niederschrift ist weiter vermerkt:
"Daraufhin schließen die Beteiligten folgenden Vergleich:
Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Rechtsstreit für erledigt erklärt wird.
Die Beteiligten machen gegenseitig für das Rechtsstreitverfahren keine Kosten gegeneinander geltend."
In seiner Kostenrechnung vom 25. März 2011 machte der Beschwerdeführer für dieses Verfahren Gebühren "gem. § 3, 14, 15a, 49 RVG" von insgesamt 799,24 Euro geltend:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG |
250,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG |
200,00 Euro |
Erledigungs- /Einigungsgebühr Nr. 1005, 1005 VV-RVG |
190,00 Euro |
Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld |
11,63 Euro |
Post- und Telekommunikation |
20,00 Euro |
Zwischensumme |
671,63 Euro |
Mehrwertsteuer |
127,61 Euro |
Gesamtbetrag |
799,24 Euro |
Unter dem 7. Oktober 2011 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die Zahlung von 292,13 Euro an und führte u.a. zur Begründung aus, die Verfahrensgebühr sei in Höhe der halben Mittelgebühr der Nr. 3103 VV-RVG festzusetzen; der beantragte § 15a RVG komme nicht in Betracht. Der Umfang der Tätigkeit sei angesichts der Tatsache, dass eine Stellungnahme identisch mit der eines anderen Verfahrens war, weit unterdurchschnittlich gewesen. Die Minderung der Rückforderung sei nicht genau beziffert gewesen, sodass nach der Rechtsprechung des Thüringer LSG (Beschluss vom 18. März 2011 - Az.: L 6 SF 1418/10 B) eine durchschnittliche Bedeutung nicht unterstellt werde könne. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Hinsichtlich der Terminsgebühr sei eine um ein Drittel geminderte Mittelgebühr angemessen; der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei weit unterdurchschnittlich. Eine Erledigungsgebühr komme nicht in Betracht, weil der Vergleich eine bloße Rücknahme beinhaltet habe.
Am 1. November 2011 hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt. Einschlägig sei § 15a RVG, wonach eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG in beantragter Höhe anzusetzen sei. Der Umfang seiner anwaltlichen Tätigkeit sei zumindest durchschnittlich gewesen; Gleiches gelte für die Schwierigkeit. Nach der Rechtsprechung des Thüringer LSG sei bei einer Verhandlungsdauer von 30 Minuten von einer zumindest durchschnittlichen Angelegenheit auszugehen. Entstanden sei auch eine Gebühr nach Nr. 1006 VV-RVG.
Mit Beschluss vom 13. September 2012 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Der Ansatz des abgesenkten Gebührenrahmens Nr. 3103 VV-RVG durch die UKB sei in zutreffender Höhe erfolgt. § 15a RVG sei auf die Nrn. 3102 und 3103 VV-RVG nicht anwendbar, denn es handle sich um eine separate Kostenregelung. Die Klagebegründung habe weder eine Bezifferung des Begehrens noch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit tatsächlichen oder rechtlichen Problemen enthalten. Zudem sei eine Ersparnis dadurch entstanden, dass das Verfahren Az.: S 32 AS 2838/10 einen parallelen Leistungszeitraum betroffen habe Die Bedeutung sei ebenfalls leicht unterdurchschnittlich, weil Gegenstand des Verfahrens eine nicht bezifferte Reduzierung eines Rückforderungsbetrags gewesen sei. Die Kürzung der Mittelgebühr sei in Anbetracht der Terminsdauer angemessen. Zutreffend sei auch der Nichtansatz der Einigungsgebühr. Insoweit werde auf den Beschluss der UKB Bezug genommen. Zutreffend ermittelt worden seien auch die Fahrtkosten und das Tage- und Abwesenheitsgeld.
Gegen den am 18.. September 2012 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 1. Oktober 2012 Beschwerde eingelegt und u.a. ausgeführt, mehrere Sozialgerichte setzten für die einfachste Angelegenheit der Untätigkeitsklage bereits 85,00 Euro an. Hier werde dieser Fall mit der Komplexität ...