Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung. Sachverständigengutachten. Orthopädie. Hilfskraft. Zeitaufwand
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Antragsteller aufgegriffen hat.
Wie nach dem ZuSEG kommt es beim JVEG nicht darauf an, wie viele Stunden der Sachverständige tatsächlich aufgewendet hat, sondern der Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität.
Die Aufteilung der Sachverständigenleistung erfolgt grundsätzlich in fünf Bereichen: a) Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten, b) Erhebung der Vorgeschichte, c) notwendige Untersuchungen, d) Abfassung der Beurteilung, e) Diktat sowie Durchsicht des Gutachtens.
Für die Abfassung der Beurteilung ist bei einem durchschnittlichen Gutachter ein Zeitaufwand von in der Regel 3 Seiten pro Stunde angemessen.
Gesondert ersetzt werden die besonderen Kosten einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte. Hilfskraft kann sowohl ein anderer Arzt sein als auch eine Büro- oder Schreibkraft.
Normenkette
JVEG § 4 Abs. 1, 7, § 8 Abs. 1-2, §§ 9, 10 Abs. 2 S. 1, § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; ZuSEG § 16
Tenor
Die Vergütung für das Gutachten des Antragsgegners vom 13. September 2004 wird auf 917,57 € festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Tatbestand
In dem Berufungsverfahren H.…./. LVA Thüringen (Az.: L 6 RJ 782/01) beauftragte die Berichterstatterin des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts den Antragsgegner, Arzt für Orthopädie und Mitarbeiter eines privaten Gutachtensinstituts, mit Beweisanordnung vom 5. August 2004 mit der Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter, ggf. stationärer Untersuchung. Übersandt wurden ihm 492 Blatt Akten (Gerichtsakte 292 Blatt, Verwaltungsakte 200 Blatt).
Der Antragsgegner erstellte unter dem 13. September 2004 sein Gutachten auf insgesamt 21 Blatt. In seiner Kostenrechnung vom gleichen Tage machte er insgesamt 917,93 € geltend (10 Stunden Sachverständigenaufwand zu einem Stundensatz von 60,00 € ≪= 600,00 €≫, besondere Leistungen ≪Röntgen≫ 92,45 €, Schreib- und Kopiergebühren 48,70 €, Farbbildausdrucke 26,00 €, 1 Stunde “organisatorische Vorbereitung der Begutachtung, Terminvereinbarung, Postversand des Gutachtens (Frau S.…)” 15,56 €, Hilfskräftezuschlag ≪15 v.H.≫ nach § 12 Abs. 2 JVEG 2,33 €, Portoauslagen 6,27 €, MWSt 126,62 €). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 38 f. des Kostenhefts verwiesen.
Mit Verfügung vom 28. Oktober 2004 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle diesen Betrag zur Zahlung an.
Am 9. Februar 2005 hat der Antragsteller die Festsetzung der Vergütung des Antragsgegners beantragt und zur Begründung ausgeführt, eine ständige Bürokraft könne nicht als Hilfskraft im Sinne des JVEG angesehen werden. Aufwendungen für typische Bürotätigkeiten würden in der Regel durch die Leistungsvergütung des Sachverständigen oder die Aufwandsentschädigung abgegolten.
Der Antragsteller beantragt,
die Vergütung für das Gutachten vom 13. September 2004 auf 897,17 € festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Vergütung für das Gutachten vom 13. September 2004 auf 917,57 € festzusetzen.
Er trägt vor, die Aufgaben der Hilfskraft könnten in einem Gutachtensinstitut nicht von einer “normalen” Bürokraft mit erledigt werden. Die speziell ausgebildete Angestellte S.… müsse jede eingegangene Gerichtsakte mehrfach wie folgt bearbeiten: Ermittlung beim Eingang des Auftrags, ob im Archiv Daten vorhanden und alle im Auftragschreiben angekündigten Unterlagen beigefügt sind, Beurteilung des Schwierigkeitsgrads und des Zeitaufwands für die Untersuchung, Vorbereitung der Untersuchung (z.B. Anforderung von fehlenden Befundberichten, Röntgenaufnahmen etc.) auf seinen konkreten Auftrag, ggf. Rücksprache mit dem Gericht, Anschreiben und Information des zu untersuchenden Probanten über die ärztliche Schweigepflicht und den Datenschutz, telefonische Rücksprachen mit dem Probanten und dem Gericht, Organisation ggf. erforderlicher Terminänderungen, Abklärung der Einverständniserklärung (sofern zusätzliche Informationen erforderlich sind), Weiterleitung des elektronisch gespeicherten Diktats an eine externe Schreibkraft und Überwachung des Eingangs und der Form des Gutachtens. Eine individuelle Zeitdokumentation für jeden Gutachtensauftrag sei wegen des damit verbundenen erheblichen Aufwands nicht möglich. Im Durchschnitt betrage der Zeitaufwand für jede Gerichtsakte mehr als eine Stunde.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat dem Antrag des Antragstellers nicht abgeholfen (Verfügung vom 15. Februar 2005) und ihn dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Unterzeichner hat den Antragsgegner um Schilderung der Tätigkeit der Hilfskraft einschließlich des zeitlichen Umfangs gebeten. Auf dessen Schriftsätze vom 21. Februar und 9. März 2005 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetz...