Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Vergütung eines Sachverständigen
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei seiner Entscheidung hat der Senat alle für die Bemessung der Entschädigung eines Sachverständigen maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Antragsteller aufgegriffen hat.
2. Für das Gutachten ist der Zeitaufwand erforderlich, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind. Ein Anlass zur Nachprüfung besteht dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch ist. Wenn die üblichen Erfahrungswerte um mehr als 15 v.H. überschritten werden, erfolgt eine Nachprüfung im Wege der so genannten Vergleichsberechnung.
Normenkette
ZuSEG § 15 Abs. 6, § 16 Abs. 1; JVEG § 25 S. 1
Tenor
Die Entschädigung für das Gutachten des Antragsgegners vom 5. Mai 2004 wird auf 909,48 € festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Tatbestand
I.
In dem Berufungsverfahren V.… K.… ./. Freistaat Thüringen (Az.: L 5 SB 704/03) beauftragte der Vorsitzende des 5. Senats des Thüringer Landessozialgerichts den Antragsgegner, Arzt für Orthopädie und Mitarbeiter eines privaten Gutachtensinstituts, mit Beweisanordnung vom 2. März 2004 mit der Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung. Übersandt wurden ihm 199 Blatt Akten (Gerichtsakte 168 Blatt, Verwaltungsakte 31 Blatt).
Der Antragsgegner fertigte unter dem 5. Mai 2004 sein Gutachten auf insgesamt 22 Blatt. In seiner Kostenrechnung vom 27. Mai 2004 machte er insgesamt 909,48 € geltend (10 Stunden Sachverständigenaufwand zu einem Stundensatz von 46,00 € ≪= 460,00 €≫, Erhöhung um 50 v.H. nach § 3 Abs. 3 Buchst. b ZuSEG ≪= 230,00 €≫, Schreib- und Kopiergebühren 73,85 €, Portoauslagen 20,17 €, MWSt 125,46 €). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 26 f. des Kostenhefts verwiesen.
Mit Verfügung vom 17. Juni 2004 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle diesen Betrag zur Zahlung an.
Am 2. September 2004 hat der Antragsteller beantragt, die Entschädigung für das Gutachten vom 5. Mai 2004 auf 857,26 € festzusetzen und zur Begründung ausgeführt, nach der ständigen Rechtsprechung der Thüringer Kostensenate könne das mittelschwierige Gutachten nur mit einem Stundensatz von 43,00 € entschädigt werden.
Der Antragsteller beantragt,
die Entschädigung für das Gutachten vom 5. Mai 2004 auf 857,26 € festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Entschädigung für das Gutachten vom 5. Mai 2004 auf 909,48 € festzusetzen.
Nach seiner Ansicht sind die Sätze des ZuSEG angesichts der Kostenentwicklung in der gesamten Bundesrepublik ab Beginn 2002 zu erhöhen (vgl. Landessozialgericht ≪LSG≫ Niedersachsen-Bremen am 27. Januar 2003 – Az.: L 4 SF 17/02). Insofern sei für ein mittelschweres Gutachten – wie hier – ein Stundensatz von 46,00 € festzusetzen. Dieser Rechtsprechung hätten sich das Verwaltungsgericht (VG) Kassel (Beschluss vom 31. August 2004 – Az.: 7 J 2038/02), das Landgericht Marburg (Beschluss vom 13. Januar 2004 – Az.: 2 O 356/00) und das Amtsgericht Einbeck (Beschluss vom 10. Mai 2004 – Az.: 1 F 251/02) angeschlossen. Es entspreche einer grundgesetzlichen Vorgabe, dass eine “Einheitlichkeit der Lebensbedingung” in allen Bundesländern zumindest anzustreben sei. Auch habe der Antragsteller am 22. Dezember 2003 in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Gotha (Az.: S 5 SF 2937/03) ein Anerkenntnis über einen Stundensatz von 46,00 € abgegeben. Zusätzlich unverständlich sei für ihn dessen Begehren, wenn parallel zu dem anhängigen Verfahren der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle weiterhin seine Rechnungen auf der Stundenbasis von 46,00 € anstandslos akzeptiere.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat dem Antrag des Antragstellers nicht abgeholfen (Verfügung vom 2. September 2004) und ihn dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist nach § 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) zulässig. Diese Vorschrift ist anwendbar, weil der Auftrag dem Antragsgegner vor dem 1. Juli 2004 erteilt worden ist (vgl. § 25 Satz 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten ≪Justizvergütungs- und – entschädigungsgesetz – JVEG≫).
Der Antrag ist im Ergebnis unbegründet.
Grundsätzliche Bedenken gegen den Antrag bestehen nicht. Ein (unterstellter) Erstattungsanspruch ist nicht verjährt (Verjährungsfrist nach § 15 Abs. 6 ZuSEG, § 10 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes ≪GKG≫ a.F.: vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Zahlung erfolgt ist). Anhaltspunkte dafür, dass sich der Antragsteller in seinem Anerkenntnis vom 22. Dezember 2003 in einem Verfahren vor dem Sozialgeric...