Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des Anfalls der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr im sozialgerichtlichen Verfahren
Orientierungssatz
1. Eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1000 VV RVG setzt voraus, dass ein Vertrag zustande kommt, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird.
2. Bei der Erledigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1002 VV RVG handelt es sich um eine Erfolgsgebühr, welche die Entlastung des Gerichts und das erfolgreiche anwaltliche Bemühen um die Herstellung des Rechtsfriedens ohne Sachentscheidung des Gerichts durch die anwaltliche Mitwirkung honoriert. Erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialgerichtlichen Verfahren abgegolten wird.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 27. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Meiningen streitig (S 4 AS 2607/13).
Mit Bescheiden vom 18. Juli 2013 minderte die Beklagte, ein Jobcenter, wegen Meldeversäumnissen die Leistungen an den Kläger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch /SGB II) für die Monate August bis Oktober 2013 um jeweils 38,20 Euro und wies die Widersprüche zurück. Mit der am 14. November 2013 erhobenen Klage (S 4 AS 2607/13) wandte sich der durch die Beschwerdeführerin vertretene Kläger gegen die Kürzungen. Mit Beschluss vom 6. März 2014 gewährte ihm das Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beschwerdeführerin ab Antragstellung. In der Sitzung des Sozialgerichts am 24. März 2014 erklärte die Beklagte nach der Niederschrift wie folgt; “Anerkenntnis: Die Bescheide vom 18. Juli 2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23. Oktober 2013, die zwei Meldeverstöße des Klägers vom 26. Juni 2013 und vom 4. Juli 2013 betreffend, werden Aufgehoben. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Auslagen des Klägers.„ Die Beschwerdeführerin nahm daraufhin für den Kläger das Anerkenntnis an.
Am 31. März 2014 stellte die Beschwerdeführerin einen “Kostenerstattungsantrag Prozesskostenhilfe„ und begehrte eine Vergütung von 1.120,74 Euro.
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG |
300,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG |
280,00 Euro |
Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG |
300,00 Euro |
Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 Nr. 1 VV-RVG |
25,00 Euro |
Kfz-Benutzung Nr. 7003 VV-RVG |
16,80 Euro |
Pauschale Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG |
20,00 Euro |
Zwischensumme |
941,80 Euro |
MWSt. |
178,94 Euro |
Gesamtsumme |
1.120,74 Euro |
Ohne Anhörung der Beklagten überwies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) am 11. Juni 2014 den beantragten Betrag. Auf die Zahlungsaufforderung der UdG legte die Beklagte am 7. Juli 2014 Erinnerung ein und wandte sich gegen die Festsetzung der Erledigungsgebühr.
Am 22. Januar 2015 hat auch der Beschwerdegegner Erinnerung eingelegt und vorgetragen, die Erledigungsgebühr sei nicht entstanden. Die rein formale Annahme eines Anerkenntnisses beinhalte nach der Rechtsprechung des Thüringer Landessozialgerichts (vgl. Beschluss vom 19. August 2011 - L 6 SF 872/11 B) nicht die erforderliche qualifizierte Mitwirkung. Dem ist die Beschwerdeführerin entgegen getreten und hat vorgetragen, der Rechtsstreit habe sich trotz des Anerkenntnisses lediglich durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Im Rahmen des Widerspruchs- und Klageverfahrens habe sie auf die einschlägige Rechtsprechung hingewiesen. Ohne ihre ausführliche Argumentation und Vorlage der Rechtsprechung auch in der Sitzung wäre die Beklagte nicht bereit gewesen, das Anerkenntnis abzugeben.
Mit Beschluss vom 27. Februar 2015 hat das Sozialgericht Meiningen den Kostenansatz der UdG abgeändert und die der Beschwerdeführerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 763,74 Euro festgesetzt. Die Verfahrens- und Terminsgebühr seien in der Höhe angemessen. Eine Erledigungsgebühr komme nicht in Betracht, weil sich der Rechtsstreit nicht - wie erforderlich - durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt habe. Dem klägerischen Begehren sei durch das Anerkenntnis voll entsprochen worden. Die rein formale Annahme des Anerkenntnisses beinhalte nach der Rechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2011 - L 6 SF 930/11 B; Bayerisches LSG, Beschluss vom 26. Januar 2011 - L 15 SF 169/10 B E; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. August 2010 - L 3 SF 6/09 E, beide nach juris) keine über die normale Prozessführung hinaus gehende qualifizierte Mitwirkung.
Gegen den am 11. März 2015 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 12. März 2015 beim Sozialgericht Beschwerde eingelegt und zur Begründung ihre Erinnerungsbegründung vertieft. Die Beklagte habe erst aufgrund der Diskussionen in der Sitzung und ihr Hinwirken das Anerkenntn...