Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Nachholung der Erklärung über die Änderung der Verhältnisse. Prozesskostenvorschuss
Leitsatz (amtlich)
1. In der Beschwerdeinstanz können die erforderlichen Angaben nach § 120 Abs 4 S 2 ZPO selbst bei schuldhaftem Versäumnis nachgeholt werden, denn § 124 ZPO hat keinen Strafcharakter (vgl ua BAG, Beschluss vom 18.11.2003 - 5 AZB 46/03 = FamRZ 2004, 202; OLG Hamm, Beschluss vom 4.11.1998 - 8 WF 424/98 = FamRZ 2000, 1225).
2. Ein Anspruch gegen den Ehegatten auf Vorschuss nach § 1360a Abs 4 BGB für bereits angefallene Prozesskosten ist ausgeschlossen (vgl BGH, Urteil vom 5.6.1985 - IVb ZR 27/84 = FamRZ 1985, 902; OLG Köln, Beschluss vom 26.7.2005 - 3 W 32/05 = FamRZ 2007, 158).
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, § 124; BGB § 1360a Abs. 4
Tenor
6SF12871SF19107GerichtsbescheidAuf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 5. September 2007 aufgehoben.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
Die 1959 geborene Beschwerdeführerin erhob am 27. Oktober 2003 Klage gegen die Bescheide der Bundesagentur für Arbeit (Az.: S 11 AL 2371/03), in dem diese die Gewährung von Arbeitslosengeld abgelehnt hatte und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH). In der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 30. September 2003 verneint sie ein Guthaben bei einer Bank. In der Sitzung vom 4. Mai 2005 nahm die Beschwerdeführerin die Klage zurück und bat um Entscheidung über ihren Antrag. Mit Beschluss vom gleichen Tage bewilligte ihr das Sozialgericht (SG) PKH ohne Ratenzahlung und ordnete Rechtsanwalt B. R., G., bei. Mit Verfügung vom 6. Juli 2005 verfügte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Zahlung der beantragte Gebühr in Höhe von 437,53 Euro an den Prozessbevollmächtigten.
Am 26. Juli 2006 hat der Beschwerdegegner eine Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt. Der Kammervorsitzende des SG hat am 1. August 2006 die Übersendung des Antrags verfügt und die Beschwerdeführerin unter dem 29. August 2006 an die Offenlegung ihrer finanziellen Verhältnisse erinnert. Daraufhin hat diese eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 1. September 2006 eingereicht, nach der sie über keine Einnahmen verfügte. Auf den Hinweis des Beschwerdegegners, dass dies nicht korrekt sein könne, hat die Beschwerdeführerin am 3. Januar 2007 angegeben, sie sei verheiratet und habe mit ihrem Ehemann nur ein gemeinsames Konto. Sie habe bereits alle Unterlagen vorgelegt und könne keine anderen Angaben machen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 5. September 2007 die Bewilligung der PKH im Beschluss vom 4. Mai 2005 nach § 124 Nr. 2 und 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) aufgehoben, weil die Beschwerdeführerin die geforderten Angaben nicht in der gesetzlichen Frist gemacht habe, obwohl ihr entsprechende Aufforderungsschreiben zugegangen seien. Auf die Folgen der fehlenden Mitwirkung sei sie ausdrücklich hingewiesen worden.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt und vorgetragen, sie sei davon ausgegangen, dass sie alle Unterlagen beim Gericht eingereicht habe. Sie sei seit dem 28. Oktober 2005 verheiratet und bestreite ihren Lebensunterhalt vom Gehalt ihres Mannes.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 5. September 2007 aufzuheben.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde der Beschwerdeführerin zurückzuweisen.
Nach seiner Ansicht ergibt sich aus den nunmehr eingereichten Unterlagen, dass die Beschwerdeführerin in Kenntnis des Überprüfungsantrags am 27. September 2006 einen Betrag von 5.000 Euro bei der I.-AG festgelegt hat; daraus könnten Raten gezahlt werden.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 19. September 2007) und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Auf Anforderung des Senatsvorsitzenden, die Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse anhand der früheren Formulare mitzuteilen, hat die Beschwerdeführerin eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 28. November 2007 eingereicht, in der auch das Einkommen ihres Ehemanns aufgeführt ist (brutto 2.711,65 Euro). Unter den eingereichten Unterlagen findet sich u.a. ein Jahres-Kontoauszug 2006 der I.-AG (Sparurkunde), nach dem dort am 27. September 2006 ein Betrag von 5.000,00 zu Gunsten der Beschwerdeführerin und ihres Ehemanns per Lastschrift eingezahlt wurde.
II.
Die nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Entscheidung der Vorinstanz war bereits insoweit fehlerhaft, als sie auf § 124 Nr. 4 ZPO gestützt wird. Die Voraussetzung eines Rückstands von einer Monatsrate länger als drei Monate oder eines sonstigen Betrages liegt offensichtlich nicht vor; die Beschwerdeführerin war nicht zur Ratenzahlung verpflichtet.
Soweit die Vorinstanz ihre Entscheidung mit 124 Nr. 2 ZPO begründet hat, lagen die Vor...