Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Abänderung der Ratenzahlung. Kosten der privaten Lebensführung. Telefonkosten. Rundfunkgebühren. Hundesteuer. Strom. Gas. Pkw

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine die Abänderung der Ratenzahlung rechtfertigende wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Prozesskostenhilfeempfängers ist anzunehmen, wenn sie zu einer für ihn günstigeren Anwendung der Tabelle zu § 115 ZPO führt.

2. Die mit der Unterkunft zusammenhängenden Kosten sind nach Kopfteilen der Bewohner aufzuteilen, es sei denn, das Einkommen eines Mitbewohners ist so niedrig, dass bei Abzug der Beträge nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 bis 4 ZPO kein einzusetzendes Einkommen mehr verbleibt.

3. Nicht absetzungsfähig sind die zur privaten Lebensführung zählenden Kosten wie Telefonkosten, Rundfunkgebühren und Hundesteuer und die durch die Freibeträge nach § 115 ZPO abgegoltenen Energiekosten (Strom und Gas).

4. Bei nicht erwerbstätigen Hilfebedürftigen sind Kosten eines Pkw nur zu berücksichtigen, wenn dessen medizinische Notwendigkeit nachgewiesen ist.

 

Normenkette

SGG § 73a; ZPO § 120 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1, § 115 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1, 4

 

Verfahrensgang

SG Nordhausen (Beschluss vom 22.04.2005; Aktenzeichen S 3 RA 390/04)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 22. April 2005 wird zurückgewiesen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Gründe

In dem Hauptsacheverfahren der Beschwerdeführerin gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund vor dem Sozialgericht Nordhausen wendet sich die Beschwerdeführerin gegen zwei Rückforderungen. Auf ihren Antrag vom 11. März 2004 bewilligte ihr das Sozialgericht mit Beschluss vom 3. Dezember 2004 Prozesskostenhilfe (PKH) bei der Zahlung von monatlichen Raten von 75,00 Euro und ordnete Rechtsanwalt H. zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts bei.

Am 28. Dezember 2004 reichte der Prozessbevollmächtigte den Rentenbescheid der Beschwerdeführerin ein und bat um Prüfung, inwieweit sich dadurch eine Reduzierung der monatlichen Raten rechtfertige. Diese sei nicht in der Lage, irgendwelche Raten aufzubringen.

Das Sozialgericht hat eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 14. März 2005 mit entsprechenden Belegen angefordert und mit Beschluss vom 22. April 2005 die Abänderung der Ratenzahlung in Höhe von 75,00 Euro abgelehnt.

Unter dem 17. Mai 2005 hat das Sozialgericht den Prozessbevollmächtigten darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin mit drei Monatsraten für März bis Mai 2005 in Verzug sei; es sei eine Aufhebung der PKH-Bewilligung nach § 124 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) beabsichtigt.

Am 19. Mai 2005 hat der Prozessbevollmächtigte Gegenvorstellung erhoben und hilfsweise Beschwerde eingelegt und beantragt, seiner Mandantin PKH ohne Ratenzahlung zu bewilligen. Unter dem 31. Mai 2005 hat er angegeben, sofern das Gericht dem Antrag nicht stattgebe, solle er als Beschwerde an das Thüringer Landessozialgericht abgegeben werden. Der zuständige Kammervorsitzende hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 1. Juni 2005) und die Akten dem Senat vorgelegt.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie und ihr Ehemann seien beide schwerbehindert und benötigten ihr Kraftfahrzeug (Kfz.) zur Erledigung der Geschäfte des täglichen Lebens.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse des Sozialgerichts Nordhausen vom 3. Dezember 2004 und 22. April 2005 abzuändern und ihr Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen.

Der Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt, ist aber der Ansicht, dass der Beschluss des Sozialgerichts nicht zu beanstanden ist.

Der Beteiligte ist der Ansicht, dass aus dem Einkommen der Beschwerdeführerin 75,00 Euro monatlich angesetzt werden können.

Die Beschwerdeführerin hat Atteste der Internistin Dipl.-Med. F. vom 11. August 2005 eingereicht, wonach sie und ihr Ehemann aus medizinischen Gründen auf das Kfz. angewiesen seien. Der Senat hat Befundberichte der Dipl.-Med. F. über die Beschwerdeführerin (vom 5. Januar 2006) und ihren Ehemann (vom 28. Januar 2006) sowie eine Stellungnahme zur Notwendigkeit der Benutzung des Kfz. vom 27. Januar 2006 beigezogen.

Auf Anfrage des Senats hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, bei der Beschwerdeführerin seien weitere Beschwerden aufgetreten. Diese würden durch Atteste des Orthopäden Dr. W. vom 2. Februar 2006, der Frauenärztin Dipl.-Med. M. vom 31. Januar 2006 und zwei Behandlungsbestätigungen über physiotherapeutische Behandlungen belegt.

II.

Die nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Vorinstanz festgesetzten monatlichen Raten in Höhe von 75,00 Euro sind nicht zu beanstanden.

Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 ZPO setzt das Gericht mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Nach Absatz 4 Satz 1 Halbs. 1 kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebli...

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