Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Höhe der Verfahrensgebühr für Klage gegen die Ablehnung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts und die Höhe der Geschäftsgebühren für einen Widerspruch gegen Mahngebühr. keine fiktive Terminsgebühr bei Annahme eines Teilanerkenntnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen einer Klage gegen die Ablehnung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts und die Höhe der Geschäftsgebühren für einen Widerspruch gegen einen Mahnbescheid ist nicht durchschnittlich schwierig.
2. Ein Teilanerkenntnis begründet ebenso wie ein Vergleich keine fiktive Terminsgebühr nach Nr 3106 Nr 3 VV-RVG (vgl LSG Erfurt vom 29.7.2009 - L 6 B 15/09 SF und vom 26.11.2008 - L 6 B 130/08 = AGS 2009, 579; LSG Chemnitz vom 9.9.2014 - L 8 AS 1192/12 B KO = AGS 2014, 577).
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 19. Dezember 2014 abgeändert und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für das Verfahren S 9 AL 3553/13 auf 124,95 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gotha (S 9 AL 3553/13) streitig. Die vom Beschwerdeführer vertretene Klägerin hatte sich mit ihrem Widerspruch gegen Mahngebühren der Beklagten in Höhe von 0,80 Euro gewandt. Daraufhin hatte diese ihren Bescheid aufgehoben und entschieden, dass die Hinzuziehung des Beschwerdeführers nicht notwendig sei. Auf den weiteren Widerspruch erkannte sie die Hinzuziehung als notwendig an. Die Kostenrechnung des Beschwerdeführers (309,40 Euro) kürzte sie dann auf 57,12 Euro. Im Klageverfahren begehrte die Klägerin für die beiden Widerspruchsverfahren Geschäftsgebühren von 240,00 bzw. 120,00 Euro. Unter dem 2. September 2013 erklärte sich die Beklagte bereit, für beide Widerspruchsverfahren jeweils 114,24 Euro zu zahlen und die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Klageverfahren zu 30 v.H. zu übernehmen. Mit Beschluss vom 12. Mai 2014 bewilligte das Sozialgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Beschwerdeführer bei. Dieser nahm mit Schriftsatz vom 15. Mai 2014 das „Teilanerkenntnis“ der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Nach dem Beschluss vom 16. Oktober 2014 hat die Beklagte der Klägerin ¼ der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Unter dem 3. Juni 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung:
|
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG |
|
170,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG |
|
100,00 Euro |
Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG |
|
190,00 Euro |
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG |
|
20,00 Euro |
Zwischensumme |
|
480,00 Euro |
Umsatzsteuer |
|
91,20 Euro |
Gesamtbetrag |
|
571,20 Euro |
Nach Einholung einer Stellungnahme der Beklagten, die die Festsetzung der Mindestgebühren beantragte, setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit Beschluss vom 20. Oktober 2014 die Vergütung auf 57,12 Euro fest und berücksichtigte für Verfahrens- und Terminsgebühr jeweils die Mindestgebühr. Die Gebühr Nr. 1006 VV-RVG komme mangels besonderem Bemühen des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Die Erinnerung hat das SG mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 als unbegründet zurückgewiesen und sich im Ergebnis der Berechnung der UdG angeschlossen.
Gegen den am 19. Januar 2015 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 11. Februar 2015 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich gewesen. Es müsse der gesamte mit der Klage verbundene Arbeitsaufwand berücksichtigt werden. Die Bedeutung für die Klägerin sei angesichts der Höhe der Anwaltskosten leicht überdurchschnittlich gewesen. Bei der Bemessung der Terminsgebühr sei zu berücksichtigen, dass er das Anerkenntnis der Beklagten prüfen musste.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 19. Dezember 2014 aufzuheben und die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG in Höhe von 170,00 Euro sowie die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,00 Euro festzusetzen und die Umsatzsteuer anzupassen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach seiner Ansicht ist eine fiktive Terminsgebühr ebenso wenig entstanden wie eine Einigungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV-RVG. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Streitgegenständlich seien nicht Grundsicherungsleistungen, sondern die Höhe der Kosten für zwei Widerspruchsverfahren gewesen. Damit sei die doppelte Mindestgebühr in Höhe von 40,00 Euro angemessen.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 6. März 2015) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Mit Beschluss vom 7. April 2015 hat der Senatsvorsitzende das Verfahren dem Senat übertragen.
II.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwa...