Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfall von Rechtsanwaltsgebühren nach angenommenem Teilanerkenntnis und erklärter Erledigung des Rechtsstreits

 

Orientierungssatz

1. Der Ansatz der fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG setzt voraus, dass das Klageverfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Erforderlich ist insoweit ein uneingeschränktes Zugeständnis, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht. Ein Teilanerkenntnis begründet ebenso wie ein Vergleich im schriftlichen Verfahren nicht den Anfall der Terminsgebühr.

2. Die Annahme eines Teilanerkenntnisses mit nachfolgender Erledigungserklärung des Rechtsstreits begründet den Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1005 VV RVG.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. September 2014 wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für ein Verfahren beim Sozialgericht Nordhausen (SG), in dem die Kanzlei M. & M. den Kläger vertrat (S 31 AS 1772/13). Der durch die Kanzlei M. & M. vertretene Kläger hatte sich mit seinem Widerspruch gegen Mahngebühren der Beklagten in Höhe von 0,80 Euro gewandt. Daraufhin hatte diese ihren Bescheid aufgehoben und entschieden, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht notwendig sei. Auf den weiteren Widerspruch erkannte sie die Hinzuziehung als notwendig an. Die Kostenrechnungen des Beschwerdeführers (jeweils 309,40 €) kürzte sie dann auf jeweils 57,12 €. Im Klageverfahren begehrte der Kläger die Kosten für beide Widerspruchsverfahren unter Ansatz einer Geschäftsgebühr von 240,00 bzw. 120,00 € festzusetzen und zu erstatten. Unter dem 19. September 2013 erklärte sich die Beklagte bereit, für beide Widerspruchsverfahren jeweils 114,24 € zu zahlen und die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Klageverfahren zu 64 v.H. zu übernehmen. Mit Beschluss vom 19. November 2013 bewilligte das SG dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete Rechtsanwalt M. bei.Die Kanzlei M. & M. nahm mit Schriftsatz vom 29. Januar 2014 das Teilanerkenntnis und "Kostengrundanerkenntnis" der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.

Unter dem 11. März 2014 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung:

 Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

 170,00 Euro

 Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

 200,00 Euro

 Erledigungsgebühr Nr. 1000, 1006 VV-RVG

 190,00 Euro

 Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

   20,00 Euro

 Zwischensumme

 580,00 Euro

 Umsatzsteuer

   110,20 Euro

 Gesamtbetrag

 690,20 Euro

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. Mai 2014 die zu zahlende Vergütung auf 121,38 Euro fest und berücksichtigte für die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 € (= halbe Mittelgebühr) sowie eine Auslagenpauschale in Höhe von 17,00 Euro. Auf die Erinnerung des Beschwerdeführers, die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,00 € sowie die zu erstattende Erledigungsgebühr nach Nr. 1002, 1006 VV-RVG in Höhe von 190,00 € festzusetzen, hat das SG mit Beschluss vom 18. September 2014 die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 238,00 € festgesetzt (Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG 85,00 €, Gebühr nach Nr. 1006 VV-RVG 95,00 €, Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV-RVG 20,00 €) und die weitergehende Erinnerung zurückgewiesen. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr habe der Beschwerdeführer keine Einwände erhoben. Die Voraussetzungen für den Ansatz einer fiktiven Terminsgebühr seien nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des UdG sei aber eine Erledigungsgebühr angefallen.

Gegen den am 23. September 2015 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 1. Oktober 2015 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die Terminsgebühr sei nach Nr. 3106 VV-RVG festzusetzen, weil auch die Annahme eines Teilanerkenntnisses eine fiktive Terminsgebühr auslöse. Die Erledigungsgebühr sei ebenfalls in beantragter Höhe angemessen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich gewesen. Es müsse der gesamte mit der Klage verbundene Arbeitsaufwand berücksichtigt werden. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei überdurchschnittlich gewesen. Streitig sei die Übernahme weiterer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 504,56 € gewesen. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. September 2014 aufzuheben und die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVGin Höhe von 100,00 € sowie die Erledigungsgebühr nach Nrn. 1002, 1006 VV-RVGin Höhe von 190,00 € festzusetzen und die Umsatzsteuer anzupassen.

Der Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verweist auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses des SG.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 21. Oktober 2015) und sie dem Thüringer Lan...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?