Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. ehrenamtlicher Richter. Fahrtkostenersatz. Mitteilungspflicht bei Reiseantritt von einem anderen Ort

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Fahrtkostenersatz ehrenamtlicher Richter bei Anreise von einem anderen Ort und ohne vorherige Mitteilung.

 

Tenor

Die Entschädigung der Erinnerungsführerin anlässlich ihrer Teilnahme als ehrenamtliche Richterin an der Sitzung des 5. Senates am 12. April 2018 wird auf 173,70 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Erinnerungsführerin war am 12. April 2018 ehrenamtliche Richterin der Sitzung des 5. Senats. Hierfür machte sie unter dem 20. April 2018 eine Entschädigung geltend und gab dabei unter anderem an, dass die Reise nicht vom Wohn- oder Arbeitsort angetreten worden sei. Wegen der Pflege ihres Vaters sei sie von J. angereist und habe die Reise am Dienstort in E. beendet. Insgesamt habe sie eine Wegstrecke von 59 Kilometern (km) zurückgelegt. Die Reise habe sie um 8:20 Uhr angetreten und um 13:10 Uhr beendet. Der Verdienstausfall betreffe 5 Stunden mit je 27,00 Euro.

Unter dem 30. Juli 2018 teilte ihr die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit, Fahrtkosten würden nur für eine Gesamtwegstrecke von 4 km i.H.v. 1,20 Euro anerkannt. Mangels vorherigen Antrages bzgl. des Reiseantritts von einem anderen Ort könne nur die geringere Wegstrecke vom Wohnort in E. zum Heranziehungsort (3,1 km) und schließlich von da die Strecke zum Dienstort (0,9 km) entschädigt werden. Die Entschädigung für den Verdienstausfall werde für 5 Stunden zum Höchstbetrag von je 24,00 Euro gewährt. Die Entschädigung für die Zeitversäumnis betrage - unter Außerachtlassung der Anreise von J. - bei 5 Stunden je 6,00 Euro.

Am 24. August 2018 hat die Erinnerungsführerin einen Antrag auf richterliche Festsetzung gestellt. Weder sei sie auf die Einreichung eines Antrages hingewiesen worden noch würde das Entschädigungsformular dies erläutern. Auch dem Gesetz könne ein entsprechendes Antragserfordernis nicht entnommen werden. In der Vergangenheit sei die Entschädigung immer ohne Beanstandung erfolgt. Die Pflege ihres Vaters erfolge in besonderen Fällen auf Abruf und sei nicht planbar. Am 12. April 2018 habe sie die Pflege übernommen, da ihre Mutter aufgrund eigener Erkrankung verhindert gewesen sei.

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,

die Entschädigung für ihre Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin des 5. Senates am 12. April 2018 auf 173,70 Euro festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt,

die Entschädigung der Erinnerungsführerin für ihre Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin des 5. Senates am 12. April 2018 auf 151,20 Euro festzusetzen.

Hinsichtlich der Fahrtkosten sei die Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin nicht ursächlich für die weitere Anreise aus J.. Wegen der Pflege des Vaters sei davon auszugehen, dass die Anreise zur Arbeitsstelle in E. auch an sitzungsfreien Tagen regelmäßig von J. aus erfolge. Besondere Umstände, die eine Fahrt von J. rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Entsprechende Betreuungsaufwendungen seien vom Pflegegeld des Vaters zu bestreiten.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat zugeleitet.

Mit Beschluss vom 8. Januar 2019 hat der Berichterstatter das Verfahren auf den Senat übertragen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

II.

Auf die Erinnerung war die Entschädigung auf 173,70 Euro festzusetzen.

Nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG) erfolgt die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Feststellung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält (Satz 1). Nachdem der Berichterstatter das Verfahren nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG übertragen hat, ist der Senat zuständig.

Ehrenamtliche Richter erhalten eine Entschädigung nach dem JVEG (§§ 19 Abs. 2 i.V.m. 35 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG). Nach § 15 Abs. 1 JVEG erhalten sie als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Entschädigung für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 16 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 17 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 18 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 15 Abs. 2 JVEG für die gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch für nicht mehr als zehn Stunden je Tag, gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).

Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen...

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