Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Vergütung für ein berufskundliches Sachverständigengutachten
Orientierungssatz
1. Bei der richterlichen Festsetzung der Höhe der Entschädigung für ein Sachverständigengutachten ist das Gericht weder an die Höhe der Einzelansätze, den Stundenansatz noch an die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gebunden. Das Verschlechterungsverbot gilt bei der erstmaligen richterlichen Festsetzung nicht.
2. Bei der Vergütung für ein berufskundliches Sachverständigengutachten können die im "Thüringer Merkblatt über die Entschädigung von medizinischen Sachverständigen" vorgegebenen Grundsätze nur soweit herangezogen werden, als eine Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit der medizinischen Sachverständigen besteht.
3. Bei berufskundlichen Gutachten ist für die Aktendurchsicht im Regelfall allenfalls eine Stunde für 100 Blatt erforderlich.
4. Für die Abfassung der Beurteilung ist ein Zeitaufwand von in der Regel drei Stunden pro Seite angemessen. Für Diktat, Durchsicht und Korrektur des Gutachtens ist für sechs Blatt ein Zeitaufwand von einer Stunde angemessen.
Tenor
Die Vergütung für das Gutachten des Erinnerungsführers vom 29. Mai 2008 wird auf 886,25 Euro festgesetzt.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
In dem Berufungsverfahren G. C. ./. Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland (Az.: L 2 R 501/06) beauftragte die Berichterstatterin des 2. Senats des Thüringer Landessozialgerichts mit Beweisanordnung vom 8. Mai 2008 den Erinnerungsführer, einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Berufskunde und Tätigkeitsanalyse, mit der Erstattung eines berufskundlichen Gutachtens nach § 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) über die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten "Rezeptionistin in einem Friseursalon" und "Fachverkäuferin für Kosmetik". Übersandt wurden ihm insgesamt 375 Blatt Akten (175 Blatt Gerichtsakte, 101 Blatt Verwaltungsakte, 74 Blatt Medizinische Beiakte; ca. 25 Blatt Patientenakte KKH Sch.). Unter dem 19. Mai 2008 beantragte er eine Vergütung mit der Honorargruppe M3 bzw. 8 in Höhe von 85,00 Euro. Mit Verfügung vom 21. Mai 2008 teilte ihm der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UKB) mit, die beantragte Zusage könne nicht erfolgen; vergleichbare berufskundliche Gutachten seien bisher nur nach der "Honorargruppe 1" (gemeint ist wohl M1) vergütet worden.
Der Erinnerungsführer fertigte unter dem 29. Mai 2008 sein Gutachten auf insgesamt 24 Blatt. In seiner Kostenrechnung vom gleichen Tag machte er insgesamt 1.631,94 Euro geltend (18,5 Stunden Zeitaufwand zu einem Stundensatz von 85,00 Euro, Schreibauslagen/Kopien 50,19 Euro, Porto 9,25 Euro). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 49 f. des Kostenhefts verwiesen. Mit Verfügung vom 16. Juni 2008 kürzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung auf 984,44 Euro, weil "gemäß langjähriger gerichtlicher Praxis" das Gutachten mit der Honorargruppe M1 (50 Euro) für 18,5 Stunden zu bewerten sei.
Gegen diese Kürzung hat sich der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 23. Juni 2008 gewandt und vorgetragen, in einem anderen Verfahren (Az.: S 17 SF 1129/08) habe die Bezirksrevisorin die Honorargruppe M2 zugrunde gelegt. Das Sozialgericht Altenburg akzeptiere sogar die Honorargruppe M3. Auf Rückfrage des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle hat er ausdrücklich die richterliche Festsetzung beantragt.
Der Erinnerungsführer trägt vor, er sei noch nie nach den Honorargruppen M1 bzw. 1 entschädigt worden. Kein Gericht in der Zivil- bzw. Sozialgerichtsbarkeit habe seine Tätigkeit bisher so geringwertig eingestuft. Es komme bei der Honorierung nicht nur auf den Schwierigkeitsgrad des Gutachtens an, sondern auch auf das Fachgebiet. Die Inhalte berufskundlicher Gutachten entsprächen regelmäßig den Beschreibungen der Honorargruppe M3. Er habe auch Anspruch auf den vom Senat in Zweifel gezogenen Zeitaufwand. Dieser trage die Beweislast, dass er nicht vorliege. Für sein Gutachten sei eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Lehrmeinungen erforderlich und eine Würdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen notwendig gewesen
Der Erinnerungsführer beantragt,
die Vergütung für das Gutachten vom 29. Mai 2008auf 1.631,94 Euro festzusetzen.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Vergütung für das Gutachten vom 29. Mai 2008 auf 984,33 Euro festzusetzen.
Es handle sich um eine für die Thüringer Sozialgerichtsbarkeit grundsätzliche Entscheidung; daher werde eine Entscheidung benötigt.
Der UKB hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 15. Juli 2008) und die Akten dem erkennenden 6. Senat vorgelegt. Auf Anfrage des Senatsvorsitzenden haben die IHK Thüringen, die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit, das Institut für Sachverständigenwesen e.V., Köln, und die Handwerkskammer Erfurt mitgeteilt, Ihnen lägen zu den üblichen außergerichtlich und außerbehördlichen Stundensätze für berufskundliche Sach...