Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfall und Höhe der Rechtsanwaltsgebühren eines sozialgerichtlichen Verfahrens

 

Orientierungssatz

1. Bei einem weit unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und unterdurchschnittlicher Schwierigkeit der Streitsache beträgt die Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts nach Nr. 3103 VV RVG die Hälfte der Mittelgebühr.

2. Für die Höhe der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG ist die Dauer des Termins das maßgebliche Kriterium. Liegt diese mit 17 Minuten unter dem Durchschnitt eines sozialgerichtlichen Verhandlungstermins, so ist sie in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr festzusetzen.

3. Der Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV RVG setzt eine qualifizierte besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus. Diese liegt weder bei der bloßen Rücknahme des eingelegten Rechtsbehelfs vor, noch bei einer vollständigen Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität. Dies gilt auch dann, wenn die Erledigung des Rechtstreits im Rahmen eines Vergleichs protokolliert wird.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 14. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Meiningen anhängig gewesene Verfahren (S 23 AS 2259/09) der vom Beschwerdeführer vertretenen Klägerinnen zu 1. und 2.

Die Klägerinnen hatten sich mit der am 4. September 2009 erhobenen Klage gegen einen Bescheid der Beklagten vom 12. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2009 gewandt und im Wesentlichen die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft begehrt. Zur Begründung führten sie aus, die Beklagte erkenne lediglich Mietkosten in Höhe von 460,98 Euro an, obwohl die tatsächlichen Kosten für die Wohnung mindestens 585,00 Euro betragen. Beim Einzug in beide Wohnungen habe die Bedarfsgemeinschaft nicht im Leistungsbezug der Beklagten gestanden. Mit Beschluss vom 9. März 2010, berichtigt durch Beschluss vom 12. April 2010, bewilligte das SG den Klägerinnen Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Kostenbeteiligung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Mit einer weiteren unter dem 4. September 2009 erhobenen Klage (S 23 AS 2258/09) hatten sich die Klägerinnen mit einem - außer dem angegebenen Geschäftszeichen - identischen Schriftsatz gegen die Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft gewandt. Den Klägerinnen wurde PKH unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt. Auch in der weiteren am 4. September 2009 eingegangenen Klage (S 23 AS 2257/09) ging es um die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 585,00 Euro. Im Erörterungstermin am 12. April 2010, der von 14:05 Uhr bis 15:47 Uhr dauerte, verhandelte das SG außer den oben genannten Rechtsstreitigkeiten drei weitere Rechtsstreitigkeiten der Klägerinnen. Sie schlossen in den Rechtsstreitigkeiten S 23 AS 2257/09, S 23 AS 2258/09 und S 23 AS 2259/09 einen Vergleich dahingehend, dass für die Zeiträume Februar 2008 bis Oktober 2009 keine gegenseitigen Ansprüche und Rückforderungen bezüglich der Kosten der Unterkunft und der Regelleistungen bestehen. Die Beklagte erklärte sich zur Übernahme der notwendigen Auslagen in Höhe von 80 v.H. bereit.

In dem Klageverfahren S 23 AS 2258/09 hatte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit Beschluss vom 8. Juni 2010 die Vergütung des Beschwerdeführers auf 387,34 Euro festgesetzt (beantragt: 836,81 Euro); in dem Klageverfahren S 23 AS 2257/09 die beantragte Vergütung in Höhe von 836,81 Euro ausgezahlt.

Am 21. April 2010 beantragte der Beschwerdeführer im Klageverfahren S 25 AS 2259/09 die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

170,00 Euro

Erhöhungsgebühr 1 Nr. 1008 VV-RVG

 51,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

200,00 Euro

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG

 190,00 Euro

Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG

 52,20 Euro

Tages- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG

20,00 Euro

Zwischensumme

 703,20 Euro

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG

133,61 Euro

Summe 

836,81 Euro

Die (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 20. März 2013 die zu zahlende Vergütung auf 717,80 Euro (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG: 170,00 Euro, ein weiterer Auftraggeber Nr. 1008 VV-RVG 51,00 Euro, Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 190,00 Euro, Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 100,00 Euro, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro, Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 52,20 Euro, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG: 114,60 Euro) fest. Die Terminsgebühr sei in Höhe von 100,00 € festzusetzen, weil die hier durchgeführte Verhandlung von ca. 17 Minuten nicht die Festsetzung der Mittelgebühr rechtfertige.

Dagegen hat der Beschwerdegegner am 17. Juni 2014 Erinnerung eingelegt und die Festsetzung der Vergütung auf 387,35 Euro beantragt. In dem Verfahr...

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