Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachverständigenvergütung. Überzahlung. Erstattungsanspruch der Staatskasse
Leitsatz (amtlich)
1. Setzt die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung eines Sachverständigen (wegen Verfristung) zu Unrecht fest, entsteht mit der Zahlung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Staatskasse auf Erstattung der Überzahlung (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 24. Mai 2005 - Az.: L 6 B 25/05 SF; KG Berlin, Beschluss vom 6. Mai 2003 - Az.: 1 W 308/01).
2. § 214 Abs. 2 BGB ist auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auf eine zu viel gezahlte Vergütung des Sachverständigen weder direkt noch entsprechend anwendbar.
Normenkette
JVEG § 2 Abs. 1; BGB § 214 Abs. 2, § 813 Abs. 1 S. 2
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 16. November 2006 aufgehoben und die Entschädigung für das internistische Gutachten vom 17. August 2004 auf 0,00 Euro festgesetzt.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
In dem Klageverfahren D. T. ./. Bundesknappschaft (Az.. S 14 KN 882/04) beauftragte der Vorsitzende der 14. Kammer des Sozialgerichts Altenburg mit Beweisanordnung vom 23. Juni 2004 den Orthopäden Dr. B. mit der Erstellung eines Gutachtens aufgrund stationärer Untersuchung bis zu drei Tagen und beauftragte ihn, ein internistisches Zusatzgutachten bei dem Antragsgegner einzuholen; auch dieser werde zum Sachverständigen ernannt. Die Beweisanordnung ging Dr. B. nach der Empfangsbestätigung am 6. Juli 2004 zu. Am 25. August 2004 gingen beide Gutachten (datiert unter dem 17. August 2004), eine zusammenfassende Stellungnahme beider Sachverständigen und eine Kostenrechnung des Dr. B. beim Sozialgericht ein.
Nach einem am 24. Februar 2005 beim Sozialgericht eingegangenen Schreiben des Antragsgegners war ihm bei der Erstellung der Umsatzsteuer aufgefallen sei, dass die Kosten für sein Gutachten noch nicht gezahlt seien. Unter dem 9. März 2005 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle u.a. auf das Datum des Eingangs hin, äußerte sich zu diversen inhaltlichen Gesichtspunkten und bat um eine Aufschlüsselung der Kosten. Nach Eingang der vollständigen Kostenrechnung am 16. März 2005 verfügte sie die Anweisung von 924,16 Euro an den Antragsgegner.
Nach einer Prüfung der Kostenansätze beim Sozialgericht Altenburg hat der Beschwerdeführer am 28. Juli 2006 beantragt, die Entschädigung für das Gutachten auf 0,00 Euro festzusetzen. Die Kostenbeamtin hätte die Entschädigung nicht leisten dürfen, weil der Anspruch des Antragsgegners erloschen war. Dieser hat daraufhin vorgetragen, er werde seit dem Jahre 2002 regelmäßig mit internistischen Gutachten beauftragt. Die Rechnungen würden automatisch mit den Gutachten ausgedruckt und versandt. Entsprechend sei auch bei dem vorliegenden Gutachten verfahren worden.
Mit Beschluss vom 6. November 2006 hat das Sozialgericht die Entschädigung für das internistische Gutachten vom 17. August 2004 auf 924,16 Euro festgesetzt. Zwar sei der Anspruch des Antragsgegners angesichts des Eingangs der Kostenrechnung nach Ablauf der Frist des § 2 Abs. 2 S. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) erloschen gewesen, sodass eine Entschädigung nicht hätte erfolgen dürfen. Nachdem trotzdem gezahlt worden sei, komme eine Rückforderung nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs nicht in Betracht. Nach den §§ 813 Abs. 1 S. 2, § 214 Abs. 2 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) könne das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden. Das Erlöschen entspreche der Verjährung. Der Beschwerdeführer habe damit “gleichsam„ eine verjährte Forderung des Antragsgegners erfüllt, sodass die Voraussetzungen des § 214 Abs. 2 BGB vorlägen. In entsprechender Anwendung der Vorschrift bestehe kein Rückerstattungsanspruch.
Dagegen hat der Beschwerdeführer am 4. Dezember 2006 Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung in der Hauptsache auf seinen Festsetzungsantrag bezogen. Die Entscheidung der Vorinstanz würde künftige Prüfungen der Kostenansätze “ins Leere laufen„ lassen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 6. November 2006 aufzuheben und die Entschädigung für das Gutachten des Antragsgegners vom 17. August 2004 auf 0.00 Euro festzusetzen.
Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 5. Dezember 2006) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung sind die Berufsrichter des 6. Senats, nachdem der Einzelrichter (hier: der Senatsvorsitzende) das Verfahren mit Beschluss vom 1. Februar 2007 auf den Senat übertragen hat (§ 4 Abs. 7 S. 2 JVEG).
Die Beschwerde ist zulässig. Gesetzliche Grundlage ist das JVEG, denn der Gutachtensauftrag ist dem Antragsgegner nach dem 1. Juli 2004 zugegangen (vgl. § 25 S. 1 JVEG). Entg...