Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. PKH-Antrag. Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses aufgrund des Bestehens eines Kostenerstattungsanspruchs gegenüber einem Verfahrensbeteiligten. PKH-Beschluss. keine materielle Rechtskraft
Leitsatz (amtlich)
1. Steht dem Antragsteller ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber einem leistungswilligen und -fähigen Verfahrensbeteiligten zu, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für den PKH-Antrag (a.A. OLG Köln, Beschluss vom 14.2.1990 - 2 W 191/89 - FamRZ 1990, S. 642).
2. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist nicht anzunehmen, weil ggf. alleine die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO und § 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG entgegen §§ 172, 178 SGG eine gerichtliche Überprüfung durch das LSG im Beschwerdeverfahren eröffnet.
3. Da ein ablehnender PKH-Beschluss nicht in materielle Rechtskraft erwächst, kann dahingestellt bleiben, ob die dagegen eingelegte unbegründete Beschwerde bereits unzulässig ist.
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 14. April 2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die am 12. Juli 2011 eingelegte Beschwerde der Kläger gegen den Prozesskostenhilfe (PKH) ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Gotha (SG) vom 14. April 2011, ihnen zugestellt am 17. Juni 2011, hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
Dabei lässt es der Senat dahingestellt sein, ob die Beschwerde überhaupt statthaft ist. Fraglich könnte das sein, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel eröffnet wäre, weil weder Geld- oder Sachleistungen in Höhe von mehr als 750 Euro noch wiederkehrend oder laufend für mehr als ein Jahr betroffen wären, weil der Senat in seiner ständiger Rechtsprechung für diesen Fall die Beschwerde gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 2. Hs. ZPO als unstatthaft ansieht (Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - L 4 AS 1878/11 B).
Hat grundsätzlich das Rechtsmittelgericht in jedem Fall über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zu entscheiden, auch wenn es offensichtlich unbegründet ist, um den Umfang der materiellen Rechtskraft bestimmen zu können, ist das hier ausnahmsweise entbehrlich, weil der gegenständlich erfasste ablehnende PKH-Beschluss ohnehin nicht in materielle Rechtskraft erwachsen kann (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 2. März 2011 - L 7 AS 194/11 B - unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03, NJW 2004, S. 1805 m.w.N.).
Der PKH-Antrag ist bereits mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, weil der Beklagte ein Kostengrundanerkenntnis in der Hauptsache abgegeben hat.
Soll Prozesskostenhilfe die grundrechtlich garantierte Rechtsschutzgleichheit aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG sicherstellen, um die Rechtsschutzmöglichkeiten eines Unbemittelten denen eines Bemittelten gleichzustellen, der seine Erfolgsaussichten unter Berücksichtigung des Kostenrisikos vernünftig abwägt, entfällt das Schutzbedürfnis, wenn der Unbemittelte einem Kostenrisiko im Hauptsacheverfahren nicht - mehr - ausgesetzt ist, weil ein Verfahrensbeteiligter zur Kostenerstattung verpflichtet ist, dem gegenüber der Anspruch ohne Weiteres durchgesetzt werden kann. Anzunehmen ist das, wenn der Kostenerstattungsanspruch zum selben Zeitpunkt fällig wird, wie der Anspruch auf Prozesskostenhilfe und der Schuldner leistungsbereit und -fähig ist. Zweifel bestehen insoweit vorliegend nicht.
Soweit in der Rechtsprechung vertreten wird, dass ein solcher Kostenerstattungsanspruch nicht das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen kann, sondern allenfalls bei der Bedürftigkeitsprüfung als vorrangig einzusetzendes Vermögen gemäß § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 14. Februar 1990 - 2 W 191/89, FamRZ 1990, S. 642), überzeugt den Senat die getroffene Abgrenzung nicht. Zu unterscheiden ist, ob der Antragsteller unmittelbar aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Position (Kostenerstattungsanspruch gegen Verfahrensbeteiligten) oder nur aufgrund des vorrangigen Einsatzes eigenen Vermögens einer bemittelten Person gleichgestellt ist. Ist die anderslautende Rechtsauffassung vor allem darauf gestützt, dass im Zeitpunkt der Entscheidungsreife über einen Kostenerstattungsanspruch noch nicht entschieden sei, während bei der Bedürftigkeitsprüfung auch spätere Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag bzw. die Beschwerde zu berücksichtigen seien, überzeugt das nicht. Dem Umstand, dass in der Regel im Zeitpunkt der Entscheidungsreife noch keine Kostenerstattungspflicht für einen Verfahrensbeteiligten begründet ist, kommt kein Gewicht für die Beantwortung der Frage zu, ob ein solcher Anspruch das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen kann. Zu beachten ist, dass sowohl bei den Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen PKH-Antrag als auch der erforderlichen Bedürftigke...