Verfahrensgang
SG Altenburg (Beschluss vom 20.02.1998; Aktenzeichen S 4 U 670/97) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird derBeschluß des Sozialgerichts Altenburg vom20. Februar 1998 aufgehoben.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
Tatbestand
I.
Im Hauptsacheverfahren begehrt der Kläger Verletztenrente für einen am 14. Juli 1995 erlittenen Unfall.
Nach Klageeinlegung hat der Kammervorsitzende des Sozialgerichts, Richter Korenke, den Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Verfügung vom 2. Mai 1997 gebeten, Formulare über die Befreiung von der ärztlichen Geheimhaltungspflicht und einen Fragebogen zu seiner Person einzureichen und am 21. Juli und 4. Dezember erfolglos an die Erledigung erinnert. Mit Verfügung vom 15. Januar 1998 hat er Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 19. Februar 1998 bestimmt und das persönliche Erscheinen des Klägers unter Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens (Ordnungsgeld) angeordnet. Die Ladung ist dem Kläger am 28. Januar 1998 durch Niederlegung mit Empfangsbekenntnis zugestellt worden.
Nachdem der Prozeßbevollmächtige am 16. Februar 1998 mit Telefax beantragt hatte, den Termin am 19. Februar 1998 zu verlegen, da er einen unaufschiebbaren Notartermin wahrnehmen müsse, hat ihn Richter Korenke mit Telefax vom gleichen Tag ersucht, seine Begründung glaubhaft zu machen.
Am 19. Februar 1998 ist ein weiterer Antrag auf Aufhebung des Termins des Prozeßbevollmächtigten mit der Begründung eingegangen, er sei seit 16. Februar 1998 erkrankt und müsse nochmals einen Arzttermin wahrnehmen.
Nachdem bei Aufruf der Sache in der Sitzung am 19. Februar 1998 weder der Kläger noch der Prozeßbevollmächtigte erschienen sind, hat die 4. Kammer den Rechtsstreit vertagt.
Mit Beschluß vom 20. Februar 1998 hat die 4. Kammer des Sozialgerichts durch ihren Vorsitzenden Richter Korenke ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern gegen den Kläger ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 DM wegen seines Fehlens bei der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 1998 verhängt.
Am 16. März 1998 sind beim Sozialgericht die angeforderten Formulare ausgefüllt und unterschrieben eingegangen.
Mit seiner Beschwerde hat der Kläger vorgetragen, die Hintergründe für die Ladung seien ihm nicht bekannt gewesen. Er habe im Umgang mit Gerichten keine Erfahrung. Die Sekretärin seines Prozeßbevollmächtigten habe ihn informiert, daß dieser den Termin vom 19. Februar 1998 krankheitsbedingt nicht wahrnehmen könne. Er habe dies so verstanden, daß der Termin nicht stattfinde und er der Ladung nicht Folge zu leisten brauche.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist begründet. Eine wirksame Festsetzung eines Ordnungsgeldes durch das Sozialgericht liegt wegen fehlender Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter nicht vor. Der Senat sieht trotz nicht ausreichender Entschuldigung des Klägers für sein Fehlen von der Verhängung von Ordnungsgeld ab.
Nach § 111 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – kann der Vorsitzende das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung anordnen. Nach Satz 2 ist er auf die Folgen des Ausbleibens hinzuweisen. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Nach herrschender Meinung ist bezüglich der Folgen des Nichterscheinens eines Beteiligten nach § 202 SGG, § 141 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) anzuwenden (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 6. Auflage 1998, § 111 Rdnr. 6; LSG Baden-Württemberg in Breithaupt 1991, S. 789 ff.). Danach kann gegen eine im Termin ausbleibende Partei Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienen Zeugen festgesetzt werden. Nach § 381 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterbleibt die Festsetzung eines Ordnungsmittels, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die Ladung nicht rechtzeitig zugegangen ist oder das Ausbleiben genügend entschuldigt wird.
Der Beschluß vom 20. Februar 1998 war rechtswidrig, weil er vom Vorsitzenden der 4. Kammer des Sozialgerichts Altenburg allein erlassen worden ist. Ein Beschluß aufgrund mündlicher Verhandlung muß aber unter Mitwirkung auch der ehrenamtlichen Richter ergehen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen in Breithaupt 1997, S. 921 ff; LSG Baden-Württemberg in Breithaupt 1991, S. 789 ff.; Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Band II, Stand November 1997, § 111 Anm. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 56. Auflage, § 141 Rdnr. 13).
Dies wird aus dem Grundsatz der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit hergeleitet. Danach können Beschlüsse und Urteile aufgrund mündlicher Verhandlungen nur von dem Berufsrichter und den ehrenamtlichen Richtern erlassen werden, die an dieser Verhandlung teilgenommen haben. Sie müssen grundsätzlich bei allen in der mündlichen Verhandlung erforderlich werdenden Beschlüssen mit tätig werden, unabhängig davon, ob sie bei entsprechenden Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung mitwirken. Insofern ist der Vorsitzende nicht befugt, allein und ohne ...