Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungsfrist
Leitsatz (redaktionell)
Geht die Berufung des Berufungsklägers nach ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung erst nach der einmonatigen Berufungsfrist bei Gericht ein, ist die Berufung nach § 151 Abs. 1 SGG unzulässig.
Normenkette
SGG § 151 Abs. 1, §§ 63, 143, 158
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 06. September 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Mit seiner am 13. Juli 2021 erhobenen Klage nahm der Kläger die Beklagten auf Rückzahlung eines Mietkautionsdarlehens nach § 22 Abs. 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nebst Zinsen in Anspruch.
Das Sozialgericht hat Termin bestimmt auf Dienstag, den 06. September 2022. Die Ladung wurde den Beklagten ausweislich der Zustellungsurkunden (Bl. 59a und 50 d. A.) am 03. August 2022 durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Im Termin waren die Beklagten nicht anwesend. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu 1) zur Zahlung der Hauptforderung verurteilt und bezüglich der geltend gemachten Zinsforderung sowie bezüglich des Beklagten zu 2) die Klage insgesamt abgewiesen. Das mit der Rechtsmittelbelehrung „Berufung“ versehene Urteil wurde den Beklagten am 09. September 2022 zugestellt, ausweislich der Zustellungsurkunde (Bl. 60 d. A.) wiederum durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten.
Mit Schreiben, das das Datum „04. Oktober 2022“ trägt und am 18. Oktober 2022 beim Landessozialgericht eingegangen ist, legten die Beklagten „Widerspruch“ gegen das Urteil ein. Sie machen geltend, das Darlehen sei zurückgezahlt.
Das Gericht hat die Beklagten auf die versäumte Berufungsfrist und die hieraus folgende Unzulässigkeit der Berufung hingewiesen. Die Beklagten wurden über die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die hierfür erforderlichen Voraussetzungen und die einzuhaltende Frist belehrt. Der Beklagte zu 2) wurde zudem darauf hingewiesen, dass seine Berufung mangels Beschwer unzulässig ist. Die Beklagten haben sich hierauf nicht geäußert.
II.
Die Berufungen der Beklagten sind unzulässig.
Die Berufung der Beklagten zu 1) ist wegen Nichteinhaltung der Frist unzulässig. Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Das Urteil wurde den Beklagten ausweislich der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde am 09. September 2022 durch Einlegen des Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten ordnungsgemäß und daher wirksam zugestellt (§ 63 SGG i. V. m. § 180 Zivilprozessordnung - ZPO). Die Berufung der Beklagten zu 1) hätte daher spätestens am 10. Oktober 2022 (einem Montag) beim Sozialgericht bzw. beim Landessozialgericht eingegangen sein müssen. Sie ist jedoch erst am 18. Oktober 2022 und damit nach Ablauf der einmonatigen Frist beim Landessozialgericht eingegangen.
Die Beklagte zu 1) wurde über das Rechtsmittel der Berufung und die Frist, innerhalb derer die Berufung einzulegen ist, in der Rechtsmittelbelehrung ordnungsgemäß belehrt.
Gründe dafür, dass sie ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert waren, sind weder vorgebracht, noch ersichtlich.
Die Berufung des Beklagten zu 2) ist (ungeachtet der Fristversäumnis) ebenfalls unzulässig. Die gegen ihn gerichtete Klage wurde insgesamt abgewiesen. Dem Beklagten zu 2) steht mangels der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG i. V. m. Satz 2 SGG erforderlichen Beschwer ein Rechtsmittel nicht zu, auch nicht im Hinblick auf die für ihn belastende Kostenentscheidung (§ 144 Abs. 4 SGG).
Das Gericht hat daher von dem ihm - vergleichbar mit der Regelung des § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG - eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht und die Berufung nach vorheriger Anhörung durch Beschluss gemäß § 158 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verworfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Fundstellen
Dokument-Index HI15718899 |