Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Vollstreckung. einstweilige Anordnung. Unterlassungsgebot. Verfolgungsverjährung. Tätigwerden des Antragstellers innerhalb der Monatsfrist gem § 929 Abs 2 ZPO. Amtszustellung einer Beschluss-Verfügung. keine Vollziehung eines Unterlassungsgebots
Leitsatz (amtlich)
Die Zustellung einer Beschluss-Verfügung im sozialgerichtlichen Verfahren von Amts wegen an die Beteiligten bewirkt nicht die Vollziehung eines Unterlassungsgebots.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 8. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der Vollstreckung die Festsetzung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft gegen die Antragsgegnerin wegen Zuwiderhandlung gegen den Beschluss des Senats vom 23. Dezember 2009 - Az.: L 6 KR 331/09 ER, den Beteiligten zugestellt am 13. Januar 2010. Dort untersagte der Senat der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung unter Androhung eines Ordnungsgelds von bis zu 250.000,00 Euro für jeden Fall des Zuwiderhandelns, ersatzweise von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im geschäftlichen Verkehr ihre im Freistaat Thüringen wohnhaften Mitglieder durch schriftliche Werbung wie im Schreiben vom 9. Juni 2008 dahingehend zu beeinflussen, dass diese ihre zu Lasten der Antragsgegnerin verordneten Medikamente über die E. beziehen.
Am 8. März 2012 hat der Antragsteller beim Thüringer Landessozialgericht beantragt, die Antragsgegnerin zu einem Ordnungsgeld bzw. zu Ordnungshaft zu verurteilen. Sie habe Anfang Februar 2012 an ihre Versicherten auch in Thüringen einen Infobrief mit der Überschrift "Unser Vertragspartner: Die E." versandt und darauf hingewiesen, dass beim Bezug von Arzneimitteln über die E. Einsparvorteile genutzt werden könnten. Damit habe die Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 23. Dezember 2009, der immer noch gelte, weil das Hauptsacheverfahren - Az.: L 6 KR 151/09 noch nicht abgeschlossen sei, verstoßen. Er hat zwei Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. Februar 2012 an Versicherte überreicht. Mit Beschluss vom 17. April 2012 (Az.: L 6 KR 387/12) hat der Senat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten an das funktionell zuständige Sozialgericht Gotha zur Entscheidung verwiesen.
Mit Urteil vom 27. November 2012 hat der Senat in der Hauptsache Az.: L 6 KR 151/09 die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 20. Januar 2009 zurückgewiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat mit Beschluss vom 8. Januar 2013 den Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes bzw. Ordnungshaft abgelehnt. Der Bestrafungsanspruch des Antragstellers sei jedenfalls nach Art. 9 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB), der über § 890 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 198 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Anwendung finde, verjährt. Die Verjährungsfrist betrage zwei Jahre und beginne, sobald die Handlung beendet sei. Die Verjährung schließe die Festsetzung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft aus. Die Verjährungsfrist für die der Antragsgegnerin untersagte Werbehandlung durch ihre Mitgliederinformationen mit Schreiben vom 9. Juni 2008 sei damit am 9. Juni 2010 abgelaufen. Insofern bestehe angesichts der behaupteten Zuwiderhandlung im Februar 2012 wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung kein Bestrafungsanspruch mehr.
Hiergegen hat der Antragsteller am 11. Februar 2013 Beschwerde eingelegt. Die Verfolgungsverjährung habe erst nach dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. Februar 2012 beginnen können und sei somit noch nicht eingetreten. Die Entscheidung in der Hauptsache stehe einer Vollstreckung aus dem Beschluss des Senats vom 23. Dezember 2009 nicht entgegen. Aus der einstweiligen Anordnung könne nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG vollstreckt werden. Durch das rechtskräftige Urteil in der Hauptsache ende die zeitliche Geltung der einstweiligen Anordnung. Diese habe also vom Zeitpunkt ihrer Zustellung am 13. Januar 2010 bis zum Berufungsurteil vom 27. November 2012 gegolten. In dieser Zeit falle die Zuwiderhandlung der Antragsgegnerin von Anfang Februar 2012.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 8. Januar 2013 aufzuheben und gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft festzusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach ihrer Ansicht ist der Tenor des Senatsbeschlusses vom 23. Dezember 2009 nicht hinreichend bestimmt und deshalb nicht vollstreckbar. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Sie habe durch das Schreiben vom 2. Februar 2012 gerade nicht gegen die einstweilige Anordnung mit Beschluss vom 23. Dezember 2009 verstoßen, sondern nur allgemein auf ihre Kooperation mit der E. A. V. B.V. hingewiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der Gerichtsakten...