Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. zuständiges Gericht. Vollstreckungsantrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes
Leitsatz (amtlich)
Für einen Vollstreckungsantrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes ist gemäß §§ 198 SGG, 890 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszugs nach § 802 ZPO in ausschließlicher Zuständigkeit zuständig. Diese Zuweisung schließt aus, dass eine Erstentscheidung nach den §§ 887, 888, 890 ZPO in einem zweitinstanzlichen Verfahren ergehen kann (vgl BGH vom 8.11.2001 - IX ZB 44/01 = NJW 2002, 754).
Tenor
Der Rechtsstreit wird zur Entscheidung an das funktionell zuständige Sozialgericht Gotha verwiesen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der Vollstreckung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Antragsgegnerin wegen Zuwiderhandlung gegen den Beschluss des Senats vom 23. Dezember 2009 im Verfahren L 6 KR 331/09 ER. Mit diesem Beschluss untersagte der Senat der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro für jeden Fall des Zuwiderhandelns, ersatzweise von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im geschäftlichen Verkehr ihre im Freistaat Thüringen wohnhaften Mitglieder durch schriftliche Werbung wie im Schreiben vom 9. Juni 2008 dahingehend zu beeinflussen, dass diese ihre zu Lasten der Antragsgegnerin verordneten Medikamente über die E. A. V. beziehen. In der Hauptsache ist diesbezüglich ein Berufungsverfahren beim Senat anhängig (Az.: L 6 KR 151/09). Mit am 8. März 2012 eingegangenem Schriftsatz beantragte der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin wegen Verstoßes gegen die einstweilige Anordnung ein Ordnungsgeld festzusetzen.
Nach Anhörung haben sich die Beteiligten mit einer Verweisung an das Sozialgericht Gotha einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und die Gerichtsakten der Verfahren L 6 KR 331/09 ER und L 6 KR 151/09 verwiesen.
II.
Nach § 98 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) ist bei sachlicher Unzuständigkeit der Rechtsstreit nach Anhörung an das zuständige Gericht zu verweisen. Diese Vorschriften sind entsprechend auch bei nicht gegebener funktionaler (instanzieller) Zuständigkeit anzuwenden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, § 98 Rn. 2 m.w.N.). Nur so kann sichergestellt werden, dass in Fällen wie dem vorliegenden den Beteiligten der gemäß Art. 101 des Grundgesetzes (GG) garantierte gesetzliche Richter nicht entzogen wird.
Das Landessozialgericht (LSG) ist funktionell unzuständig hinsichtlich der Entscheidung über den gestellten Vollstreckungsantrag. Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gemäß §§ 198 SGG, 890 der Zivilprozessordnung (ZPO) beantragt. Für einen Vollstreckungsantrag in Bezug auf die Festsetzung eines Ordnungsgeldes ist gemäß §§ 198 SGG, 890 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszugs zuständig und zwar nach § 802 ZPO in ausschließlicher Zuständigkeit. Diese Zuweisung schließt es aus, dass eine Erstentscheidung nach den §§ 887, 888, 890 ZPO in einem zweitinstanzlichen Verfahren ergehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2001 - Az.: IX ZB 44/01, NJW 2002 S. 754f.). Eine Zuständigkeit des Landessozialgerichts wird auch nicht dadurch begründet, dass dieses nach § 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG als Gericht der Hauptsache für den Erlass der einstweiligen Anordnung, um deren Vollstreckung es hier geht, zuständig war. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG ist das Landessozialgericht Gericht der Hauptsache, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren bei ihm anhängig ist. Der Vorschrift lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass hiermit auch eine Regelung hinsichtlich des Prozessgerichts des ersten Rechtszugs im Vollstreckungsverfahren geschaffen werden sollte. § 198 SGG verweist ausschließlich auf die Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung. Dort ist eine § 86 b Abs.2 Satz 3 SGG vergleichbare Regelung nicht enthalten. Eine solche wäre aber erforderlich, um eine Änderung hinsichtlich des gesetzlichen Richters und den Ausschluss des Beschwerderechts zu rechtfertigen.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 98 Satz 2 SGG i.V.m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG; § 177 SGG). Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung des Gerichts vorbehalten, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist (§ 17b Abs. 2 GVG entsprechend).
Fundstellen
Haufe-Index 2955087 |
JurBüro 2013, 164 |