Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Verfahrensgebühr und Anfall der fiktiven Terminsgebühr in einem Verfahren des SGB 2
Orientierungssatz
1. Bei einem leicht unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit in einem Verfahren der Grundsicherung, einer unterdurchschnittlichen Schwierigkeit, unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Verfahrensbeteiligten und durchschnittlicher Bedeutung für diesen ist die Verfahrensgebühr der Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 3/4 der Mittelgebühr festzusetzen.
2. Ist das Verfahren durch ein angenommenes Anerkenntnis nach § 101 Abs. 2 SGG erledigt worden, so entsteht die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 8. Dezember 2015 (S 27 SF 579/15 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers für das Verfahren S 11 AS 7753/11 auf 399,54 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für das beim Sozialgericht (SG) Nordhausen anhängig gewesene Verfahren S 11 AS 7753/11 in dem der Beschwerdeführer die Klägerin zu 1. und den Kläger zu 2. vertrat.
Gegenstand der am 14. November 2011 erhobenen Klage waren eine geltend gemachte Verletzung des Rechts auf Gewährung von Akteneinsicht, die Abänderung des Änderungsbescheides vom 7. Juli 2011 (Änderung des Bescheides vom 30. Juni 2011 - Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für die Zeit vom 1. bis 31. Juli 2011 in Höhe von 302,54 Euro monatlich) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2011, die Gewährung von Leistungen in gesetzlicher Höhe, die Abänderung der Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2011 und die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Beschwerdeführers. Zur Begründung der Klage führte der Beschwerdeführer aus, ohne vorab über den Antrag auf Akteneinsicht zu entscheiden bzw. Akteneinsicht zu gewähren, habe die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Ablehnung der beantragten Akteneinsicht bzw. die nicht erfolgte Übersendung der Leistungsakten sei rechtswidrig, deshalb habe nicht geprüft werden können, ob die angegriffene Entscheidung rechtmäßig erfolgt sei oder nicht. Es bestünden Bedenken gegen die Auffassung der Beklagten, dass im Änderungsbescheid vom 30. Juni 2011 lediglich eine Verfügung hinsichtlich der Abänderung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach Berücksichtigung des Einkommens des Klägers zu 2. getroffen worden sei. Die Beklagte habe einen gänzlich eigenständigen Verwaltungsakt erlassen, der insgesamt vollständig angreifbar sei. Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2012 erklärte der Beschwerdeführer, die Kläger nähmen die Warmwasseraufbereitung mit einem Durchlauferhitzer vor, daher sei ihnen einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II zu bewilligen. Mit Bescheid vom 25. Mai 2012 änderte die Beklagte den Bescheid vom 30. Juni 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 7. Juli 2011 nochmals ab (u.a. Bewilligung von Leistungen vom 1. bis 31. Juli in Höhe von 337,75 Euro). Das Erwerbseinkommen des Klägers zu 2. sei um den Betrag der vermögenswirksamen Leistungen bereinigt sowie Kosten der dezentralen Warmwasserversorgung - aus technischen Gründen als Mehrbedarf Ernährung - gewährt worden. Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2012 erklärte der Beschwerdeführer, nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) könne eine Erledigungserklärung in der Hauptsache erfolgen. Die Kosten des Rechtsstreits seien der Beklagten aufzuerlegen; in materieller Hinsicht habe sie mit der Bewilligung von weiteren 35,21 Euro ein vollumfängliches Anerkenntnis abgegeben. Insoweit habe sie auch die vollen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Beklagte trat dem entgegen. Mit Schriftsätzen vom 1. und 15. Oktober 2012 machte der Beschwerdeführer hinsichtlich der Gewährung von PKH weitere Ausführungen zu den Einkommensverhältnissen des Klägers zu 2. Das SG beschloss am 18. Oktober 2012, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 80 v.H. zu erstatten habe. Zu berücksichtigen sei, dass die Kläger erst mit Schriftsatz vom 2. Februar 2012 die Warmwasserbereitung mit einem Durchlauferhitzer vortrugen. Durch einen früheren Vortrag wäre eine Klage möglicherweise vermeidbar gewesen. Ebenfalls mit Beschluss vom 18. Oktober 2012 bewilligte das SG den Klägern PKH ohne Kostenbeteiligung und ordnete den Beschwerdeführer bei.
Am 10. Januar 2013 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren aus der Staatskasse:
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Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG |
272,00 Euro |
Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV RVG |
81,00 Euro |
Fiktive Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG |
200,00 Euro |
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG |
20,00 Euro |
Zwischensumme |
573,60 Euro |
Mehrwertsteuer Nr. 7008... |