Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung eines sachverständigen Zeugen gemäß Anl 2 Nr 201 zu § 10 Abs 1 JVEG. Beurteilung einer außergewöhnlich umfangreichen Leistung. Umfang der Ausführungen. Indizwirkung. Abstellen auf Ausmaß der Arbeit
Orientierungssatz
Bei der Beurteilung, ob eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung nach Nr 201 der Anl 2 zu § 10 Abs 1 JVEG vorliegt, kann der Umfang der Ausführungen nur als Indiz herangezogen werden (vgl LSG Erfurt vom 27.2.2008 - L 6 B 134/07 SF); in der Hauptsache ist auf das Ausmaß der für die Erstellung des Befundscheins erforderlichen und ersichtlichen Arbeit abzustellen (so auch LSG Essen vom 28.2.2001 - L 10 SB 50/00 und SG Braunschweig vom 7.1.2011 - S 36 R 287/09), sofern sie durch die gerichtliche Anforderung gedeckt ist.
Tenor
Die Entschädigung für den Befundbericht vom 24. November 2015 wird auf 21,62 Euro festgesetzt.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats der Berichterstatter des 1. Senats.
Auf die nach § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zulässige Erinnerung wird die Entschädigung für den Befundbericht vom 24. November 2015 auf 21,62 Euro festgesetzt.
Für einen sachverständigen Zeugen gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis einschließlich der Regelungen über deren Entschädigung nach § 19 JVEG sowie die Sonderregelungen in § 10 Abs. 1 JVEG, wenn er entsprechende Leistungen erbringt. Nach der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG wird die Ausstellung eines Befundscheins wie folgt entschädigt:
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Nr. 200 ohne nähere gutachtliche Äußerung |
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21,00 Euro |
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Nr. 201 Die Leistung der in Nr. 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich: Das Honorar 200 beträgt |
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bis zu 44,00 Euro |
Der Erinnerungsführer ist sachverständiger Zeuge (§ 414 der Zivilprozessordnung ≪ZPO≫), denn er berichtete als früher behandelnder Arzt über vergangene Tatsachen und Zustände, die er kraft besonderer Sachkunde ohne Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtensauftrag wahrgenommen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1991 - 9a RV 25/90, nach Juris; Senatsbeschluss vom 30. November 2005 - L 6 SF 738/05; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage 2017, § 118 Rn. 10c).
In einem Befundschein (oder Befundbericht) werden üblicherweise formularmäßig standardisierte Fragen zur erhobenen Anamnese, den Befunden, ihre epikritische Bewertung und Stellungnahme zur Therapie anhand der vorliegenden Behandlungsunterlagen beantwortet. Hier ist der Befundbericht vom 24. November 2015 nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG zu honorieren.
Eine naturgemäß nur selten vorliegende außergewöhnlich umfangreiche Leistung nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG ist nicht feststellbar. Dies gilt schon dann, wenn allein auf den Umfang der Ausführungen (hier ohne Anschreiben ca.2 ½ Seiten) abgestellt wird. Eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung bejaht beispielsweise das Bayerische LSG (vgl. Beschluss vom 7. Juli 2016 - L 15 RF 23/16, nach Juris) erst dann, wenn der Befundbericht sechs Seiten erreicht. Begründet wird diese pauschalierende Herangehensweise damit, dass die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht überspannt werden dürfen.
Der Senat teilt diese strenge Auslegung allerdings nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April 2015 - L 6 JVEG 273/15, nach Juris), denn sie berücksichtigt nicht, dass im Einzelfall eine hohe Zeilenzahl ebenso wenig aussagekräftig ist (z.B. bei dem ungefilterten Übernehmen aller in den Karteien befindlichen Informationen) wie eine geringe (so zu Recht LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001 - L 10 SB 50/00, nach Juris), die auch auf einer straffen Gliederung und Zusammenfassung beruhen kann. Insofern kann der Umfang der Ausführungen nur als Indiz herangezogen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Februar 2008 - L 6 B 134/07 SF m.w.N.); in der Hauptsache ist auf das Ausmaß der für die Erstellung des Befundscheins erforderlichen und ersichtlichen Arbeit abzustellen (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001 - Az.: L 10 SB 50/00; SG Braunschweig, Beschluss vom 7. Januar 2011 - S 36 R 287/09; beide nach Juris), sofern sie durch die gerichtliche Anforderung gedeckt ist. Hier sind auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Erinnerungsführers keine ausreichend Anhaltspunkte für eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung ersichtlich. Soweit der Erinnerungsführer vorträgt, dass er einen dreiseitigen Befundbericht mit umfangreicher Schilderung der Anamnese und der bisherigen Therapie eingereicht hat, reicht dies nicht aus, um ausreichende Anhaltspunkte für eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung darzutun. Wie bereits ausgeführt liegt eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung in der Praxis in der Regel nur selten vor. Eine umfangreiche inha...