Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Rechtsanwaltsgebühren in einem Verfahren der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Bei einem überdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, einer leicht überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Rechtssache, einer deutlich überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger und dessen geringen Einkommensverhältnissen ist die Verfahrensgebühr der Nr. 3103 VV RVG in der Hälfte zwischen Mittel- und Höchstgebühr mit 245.- €. festzusetzen.
2. Bei einer Terminsdauer von 92 Minuten ist die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe der Höchstgebühr von 380.- €. festzusetzen.
3. Die in dem Verfahren nach Nrn. 1002, 1006 VV RVG angefallene Erledigungsgebühr ist in der Hälfte zwischen Mittel- und Höchstgebühr mit 270.- €. festzusetzen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 17. November 2016 (S 28 SF 3525/15 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung der Beschwerdegegnerin für das Verfahren S 28 AS 3875/13 auf 1.399,68 € festgesetzt.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Gotha (Az.: S 28 AS 3875/13) der von der Beschwerdegegnerin vertretenen Klägerinnen zu 1. und 2.
Die durch die Beschwerdegegnerin vertretenen Klägerinnen hatten gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2010 (teilweise Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für die Zeit vom 1. April 2005 bis 30. November 2007 wegen der Erzielung von Einkommens durch eBay-Geschäfte - Erstattungsforderung 2.971,85 €) unter dem 6. April 2010 Widerspruch erhoben. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2010 hatte die Beschwerdegegnerin das Angebot der Beklagten vom 3. Juni 2013, die Rückforderung aus dem angefochtenen Bescheid um ein Drittel zu reduzieren abgelehnt, um eine erneute Prüfung des Sachverhalts und eine rechtsmittelfähigen Entscheidung gebeten. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2013). Am 5. August 2013 erhob die Beschwerdegegnerin unter Vorlage einer Prozessvollmacht der Klägerin zu 1. vom 6. April 2010, Klage beim SG. Zur Begründung führte sie aus, nachdem die Klägerin zu 1. das Angebot des Beklagten nicht habe annehmen wollen, habe diese den Widerspruch zurückgewiesen. Der Beklagte möge zunächst die von der Aufhebung betroffenen Bescheide nebst Berechnungsbögen zur Verfügung stellen. Mit weiterem Schriftsatz beanstandete die Beschwerdegegnerin, dass nicht alle zu Grunde liegenden Bewilligungsbescheide aufgehoben worden seien und deshalb der angefochtene Bescheid nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sei. Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2014 bat sie um eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme, mit weiterem Schriftsatz beantragte sie die Aufhebung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung wegen Verhinderung.
Mit Beschluss vom 6. Januar 2015 lehnte das SG den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) ab. Auf die Beschwerde der Klägerinnen hob das Thüringer Landessozialgericht (LSG) den Beschluss des SG auf und bewilligte den Klägerinnen PKH für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin ohne Kostenbeteiligung. Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2015 führte die Beschwerdegegnerin zur Begründung der Klage aus, der Lebensgefährte der Klägerin zu 1. habe deren Internet-Account für eigene eBay-Geschäfte genutzt. Die Klägerin zu 1. habe aus diesen Geschäften jedoch keine Einkünfte bezogen; das eingeleitete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Meiningen (120 Js 28388/09) sei nach § 153a der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Meiningen reichte den Schriftsatz der Beschwerdegegnerin zu den Akten, mit dem sie Akteneinsicht in die Ermittlungsakte beantragt hatte, die durch das SG gewährt wurde. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2015, der von 8:35 Uhr bis 10:07 Uhr dauerte, wurde die Mutter der Klägerin zu 1. als Zeugin vernommen. Die Beteiligten schlossen einen Vergleich dahingehend, dass der Bescheid vom 12. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2013 gegenüber der Klägerin zu 2. ganz aufgehoben und gegenüber der Klägerin zu 1. die Erstattungsforderung auf 600,00 € abgesenkt wird.
Unter dem 4. Mai 2015 beantragte die Beschwerdegegnerin zunächst die Festsetzung folgender Gebühren:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV |
390,00 € |
Pauschale für Post und Telekommunikation |
20,00 € |
Zwischensumme |
410,00 € |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
77,90 € |
Summe |
487,90 € |
Unter dem 23 Juni 2015 beantragte sie die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV RVG wegen zwei Auftraggebern |
552,50 € |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG |
395,00 € |
Einigungsgebühr Nr. 1005, 1006 VV RVG |
425,00 € |
Fahrtkos... |