Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Eine berufliche Erstausbildung ist nach den Vorschriften des SGB 2 grundsätzlich nicht förderungsfähig. Nach § 16 Abs. 1 SGB 2 können als Leistungen zur Eingliederung in Arbeit u. a. alle in §§ 77 bis 87 SGB 3 geregelten Leistungen erbracht werden.
2. Die Leistung ist Ermessensleistung und setzt zur Annahme der beruflichen Wiedereingliederung als Fördervoraussetzung u. a. eine positive Beschäftigungsprognose voraus.
3. Hierzu muss die begründete Aussicht bestehen, dass dem Antragsteller infolge der Maßnahme ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann.
4. Die Bewilligung einer ganz bestimmten Weiterbildungsmaßnahme durch einstweiligen Rechtsschutz setzt voraus, dass jede andere Entscheidung als die Förderung der vom Antragsteller favorisierten Maßnahme fehlerhaft wäre.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe
I .
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Eilverfahrens über die Erteilung eines Bildungsgutscheins für eine am 1. September 2008 an der Staatlichen Berufsschule E. aufgenommene Ausbildung zum staatlich geprüften Altenpfleger.
Die Antragstellerin ist 1958 in der ehemaligen UdSSR geboren und erlernte dort den Beruf einer Hebamme, der nach Bundesrecht nicht anerkannt wird. Zuletzt arbeitete sie drei Jahre als Krankenschwester. 1993 reiste sie in die Bundesrepublik ein, ist nach ihrer Heirat auch deutsche Staatsangehörige und steht seit Frühjahr 2005 im laufenden Bezug von Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 7. Februar 2006 beantragte sie die Einleitung qualifizierter Fördermaßnahmen (Umschulung). Mit Bescheid vom 7. April 2006 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Für eine berufliche Weiterbildung fehle es an der arbeitsmarktpolitischen Notwendigkeit. Diese sei nur gegeben, wenn eine Einstellungszusage eines potentiellen Arbeitgebers bei Beginn der Maßnahme vorliege. Eine solche könne die Antragstellerin nicht nachweisen.
Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2006 zurück.
Auf die Klage hat das Sozialgericht Gotha einen Erörterungstermin anberaumt und diese sodann mit Gerichtsbescheid vom 18. April 2007 abgewiesen. Bei der von der Antragstellerin angestrebten Maßnahme handele es sich nicht um eine solche nach § 77 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), sondern um eine Erstausbildung im Sinne des § 59 SGB III. Diese sei nach § 16 SGB II durch die Antragsgegnerin nicht förderungsfähig.
Die Antragstellerin hat dagegen unter dem 14. Mai 2007 Berufung eingelegt (Az.: L 9 AS 534/07) und am 21. Juli 2008 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie ist der Auffassung, sie habe Anspruch auf Erteilung des Bildungsgutscheines für die Ausbildung zur Altenpflegerin. Da sie bereits über berufliche Kenntnisse im Pflegebereich verfüge, handele es sich nicht um eine Erstausbildung und sei nach § 16 SGB II grundsätzlich förderungsfähig. Die Maßnahme sei aus arbeitsmarktpolitischer Sicht auch notwendig. Eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt sei nur mit dem Abschluss zum staatlich geprüften Altenpfleger möglich. Ihre Kenntnisse der deutschen Sprache seien für einen erfolgreichen Abschluss des angestrebten Berufes nicht hinderlich. Anderenfalls sei die vom Thüringer Landesverwaltungsamt genehmigte Verkürzung der Ausbildung um ein Jahr nicht erklärlich. Im Übrigen habe sie nach Ablauf der theoretischen Phase schon die feste Einstellungszusage von Praktikumsbetrieben. Ein Anordnungsgrund sei ebenfalls gegeben. Ohne die vorläufige Erteilung des Bildungsgutscheines könne sie die am 1. September 2008 beginnende Ausbildung nicht antreten.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr einen Bildungsgutschein für die zum 1. September 2008 begonnene Ausbildung zum staatlich anerkannten Altenpfleger an der Staatlichen Berufsschule Erfurt zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits unzulässig. Für das Eilverfahren sei das Sozialgericht erstinstanzlich zuständig. Er habe aber auch in der Sache keinen Erfolg. Nach dem psychologischen Gutachten, sei ein erfolgreicher Abschluss mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache nicht zu erwarten.
Auf Veranlassung der Antragsgegnerin hat Dr. P. ein psychologisches Gutachten erstattet. Er hält den erfolgreichen Abschluss für die angestrebte Ausbildung zur Altenpflegerin für unwahrscheinlich. Dies folge insbesondere aus der mangelhaften Beherrschung der deutschen Schriftsprache. Die Schrift- und Lesekenntnisse der Antragstellerin seien unzureichend.
Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat mit Bescheid vom 5. August 2008 die Verkürzung der Ausbildung zur Altenpflegerin um ein Jahr genehmigt.
Zur Ergä...